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206<br />

Kapitel 5<br />

terhierarchien sekund r geworden zu sein, wie abschließend ein Beispiel aus der<br />

Produktwerbung zeigen soll.<br />

Die Firma Pril ver ffentlichte 1954 eine Anzeige, auf der eine Frau gezeigt wird, die eine<br />

Fensterscheibe putzt (Abb. 67). Auf dem Handr cken der Frau wurde eine Lichtquelle<br />

installiert, so daß ihre Bewegungen ein abstraktes Bild auf die Fensterscheibe zu malen<br />

scheinen. Die reproduzierende T tigkeit der Frauen, die nach dem Krieg das berleben<br />

in Deutschland sicherte, wurde dem nstlerischen Produktionsprozeß gleichgesetzt.<br />

Auch bildende K nstler bedienten sich zu jener Zeit dieses fotografischen Verfahrens:<br />

Bekannt sind die Fotografien des mit Licht malenden Picasso von 1949 (Abb. 68).<br />

Weniger bekannt sind sicherlich die filmisch festgehaltenen Arbeitsvorg nge Pollocks<br />

hinter Glas (Abb. 69; vgl. Prange 1996, 75 f.) - doch zeigt der Vergleich, daß die Pril-<br />

Werbung eine neuerliche Hierarchie zwischen dem ordnenden, formenden „Deutschen“,<br />

das nun selbst von der Hausfrau repr sentiert werden kann, und den neuen<br />

„unordentlichen“, „fremden“ Kunstformen unterst tzte: Auf der einen Seite - ohne Pril -<br />

entsteht ein informelles, ungeformtes Liniengewirr mit berfl ssigem Kraftaufwand:<br />

„umst ndlich und m hsam“. Mit Hilfe von Pril stellt die Frau - so kann man der Werbung<br />

entnehmen - in nur 5 1 / 2 Minuten „schnell und spielend leicht“ gleich den angeblich ordnenden,<br />

sch pferischen abstrakten K nstlern der bundesdeutschen Nachkriegszeit eine<br />

Ordnung wieder her. Der Einsatz solcher Fotografien bei der Analyse und Optimierung<br />

von Arbeitsprozessen verweist darauf, welche Werte in der wirtschaftlich prosperierenden<br />

Bundesrepublik nun wirklich angesagt waren. Zugleich aber wird die abstrakte Formensprache<br />

als geeignetes und offensichtlich verst ndliches Medium benutzt, um diese<br />

Werte zu visualisieren. Dabei scheint nun auch die Hausfrau Qualit ten zu garantieren,<br />

die der Vergangenheitsbew ltigung dienen: „M helos“, so sagt der Text der Werbung zu<br />

der rechten, „ordentlichen“ Arbeit, „hebt das [...] Wasser die anhaftende Schmutzschicht<br />

[...] ab, schwemmt alles im Nu weg und rinnt glatt ab, ohne Spuren zu hinterlassen.“<br />

Die Geschichte der nationalen Codierungen der Kunst ist damit nat rlich noch nicht zu<br />

Ende geschrieben, denn die Produktwerbung von Pril er ffnet zugleich ein neues, noch<br />

zu schreibendes Kapitel. Eine chronologisch anschließende Analyse m ßte nun die<br />

Konzepte und Deutungen der „informellen“ bzw. „expressiven“ Kunst mit einbeziehen,<br />

die wiederum - so scheint es angesichts des ungebrochenen Geniekults z. B. um die<br />

Neoexpressionisten in den 80er Jahren - in eine neue Fixierung des sch pferischen,<br />

m nnlichen K nstlergenies m nden.

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