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Textdokumentation<br />

durch weitere Vorantreibung formaler oder inhaltlicher Dinge verdeutlicht und somit verw ssert zu<br />

werden. Was dem K nstler als Idee vorschwebt, wird nicht in einer fertigen Form aufgeschrieben, nicht<br />

gedanklich ausgebaut, sondern unmittelbar formal festgehalten; nicht - wie oben ausgef hrt - im Sinne<br />

eines Denkakts, sondern eines formal- nstlerischen Vorgangs. In dieser Art wollen sie auch vom Beschauer<br />

gelesen sein.<br />

Eine Verdeutlichung dieser geistigen Vorg nge bei dem Begriff der Vorgestalt und dem hier beleuchteten<br />

nstlerischen Schaffensprozeß in der abstrakten Malerei bietet die Analyse des Traums.<br />

Auch der Traum spiegelt nicht das Erleben des Wachzustands direkt wieder, sondern "verkleidet". Aber<br />

es scheint hier doch nicht so zu sein, wie die Freudsche Traumanalyse meint, daß der Traum eine Tarnung<br />

unserer Gef hlsinhalte auf Grund moralischer Wertungen vornimmt, eine Verkleidung der seelischen<br />

Regungen, da sie in ihrer nackten Form mit unserer Moral nicht vereinbar w ren. Vielmehr erscheint<br />

der Traum mit seiner Symbolisierung vor dem Bewußtwerden der Gef hlsmomente zu liegen,<br />

eine noch nicht richtige Gestaltbildung der Inhalte, anstatt einer nachtr glich verkleideten, also in<br />

einem Stadium vor der engen Bindung an unsere wache Pers nlichkeit. Durch Analyse des Traums wird<br />

dieser nicht reduziert auf seine urspr ngliche Bedeutung, sondern ausgebaut zu der en ltigen, die in<br />

der Bewußtseinslage des Schlafes nicht vollziehbar war. Das geht auch hervor aus dem zun chst<br />

auff lligen Symptom des "Vorbeitr umens", d. h. daß belanglose, am Tage außerhalb des zentralen<br />

Gesichtsfeldes liegende Figuren, an die gar keine affektive Bindung besteht, im Traum wiederkehren.<br />

Diese Figur ist am Tage nicht gen end eingeordnet worden, hnlich wie im Experiment der<br />

"Vorgestalt"; unbewußt bleibt eine Spannung, eine enge Verbindung bestehen, die nach Ausl schung<br />

des wachen Bewußtseins im Traum zu einer Einordnung strebt. Diese Spannung f hrt auch bei den f r<br />

die Analyse bedeutsameren, unser affektives Erleben spiegelnden Traumformen zum Auftauchen der<br />

Erlebnisfragmente, die aber dann nicht, wie im Wachzustand, richtig assoziiert werden, sondern, dem<br />

Bewußtseinszustand entsprechend, in einer f r das wache Bewußtsein zun chst unverst ndlichen<br />

Verkleidung. Dabei werden die Gef hlsinhalte aber eher sachlicher erfaßt, in ihrer Struktur und ihren<br />

organischen Beziehungen zueinander und geben deswegen die M glichkeit einer Deutung von<br />

Konflikten, die im wachen Bewußtseinszustand nicht ablesbar sind. (Unter diesem Gesichtspunkt wird<br />

auch der Begriff des "Unbewußten" vielleicht einmal einer Kritik unterzogen werden m ssen; nicht das<br />

Unbewußte ist aus einer [Seite 131:] Tiefe aufzudecken und hervorzuholen, sondern das zu viel Bewußte<br />

ist abzur umen zur Wiederherstellung der "wahren Natur". Wirr ist nicht das Unbewußte, sondern das<br />

in unserem komplizierten Zeitalter berladene "Bewußtsein". Das ist auch eine Erkl rung f r den<br />

R ckgang des allgemeinen nstlerischen Empfindens und Schaffensreichtums in unserer Zeit.) Das<br />

gleiche geschieht im Kunstwerk, speziell im abstrakten. Es r umt weg und deutet.<br />

Bei jedem Assoziieren findet eine Art "Vorwahl" statt. Erkenne ich etwas, so w hle ich quasi aus<br />

einem im Nervensystem irgendwie verankerten Engramm, das die Summe meiner Erfahrungen zusammenfaßt,<br />

eins aus, das dem Objekt entspricht. Ist die Assoziation unvollkommen, wie im Traum oder bei<br />

einer Geisteskrankheit oder in unserem Experiment, so dadurch, daß falsch vorgew hlt wird. (Falsch, d.<br />

h. ein hnliches Engramm wird gew hlt. Im Traum z. B. statt des tags gef rchteten Todes ein Leichenwagen<br />

oder eine Kriegsszene, statt der Geldsorgen eine W ste, statt des Geliebten ein Stier. Das ist an<br />

sich noch keine Symbolik. Es bringt uns aber einer Deutung der archaischen Symbolentstehung auf<br />

einer primitiveren, noch "alogischen" Geistesstufe n her.) Das Objekt deckt sich nicht eindeutig mit<br />

dem gew hlten Engramm. Es kommt zu Entgleisungen: zur Verkleidung im Traum, zur Paralogie des<br />

Geisteskranken, beim Experiment zur "Vorgestalt". (In der Malerei k nnen so surralistische Z e entstehen,<br />

worauf einzugehen hier nicht der Platz ist.) Aehnliche Vorg nge finden wir in Kinderzeichnungen<br />

und archaischen Bildnereien, die denen der abstrakten Malerei oft so verwandt sind, (wobei auch<br />

wieder oft bersehene wesentliche Unterschiede bez lich des Kulturstandes und der Rasse bestehen,<br />

vornehmlich hinsichtlich der Affektbetonung; so unterscheidet sich eine H hlenzeichnung von Altamira

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