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„Deutsche“ Kunst nach 1945 15<br />
Mittelpunkt der Streitigkeiten (Abb. 1). Der n hste H hepunkt war die Hofer-<br />
Grohmann-Debatte, die 1954/55 in der Zeitschrift Der Monat und in der Berliner<br />
Tageszeitung Der Tagesspiegel gef hrt wurde. Ohne z bertreiben, charakterisiert<br />
Gisela Schultheiß diese Auseinandersetzung in einer Dokumentation als Kapitel zur<br />
kleinen Waffenkunde (Zwischen Krieg und Frieden 1980, 190). In dieser Phase gewann<br />
die Diskussion erheblich an H rte: Begriffe wie „abstrakte Kamarilla“, „ sthetisches<br />
Rollkommando“ wurden benutzt, Vergleiche mit der diktatorischen Kunstpolitik des<br />
Nationalsozialismus wurden laut. 21 Diese Auseinandersetzung ging erstmals auch mit<br />
Austritten einiger K nstler aus dem 1950 wiedergegr ndeten Deutschen K stlerbund<br />
berein und h tte beinahe zu einer Sezessionsgr ndung der abstrakten bzw. informellen<br />
K nstler gef hrt (vgl. Grochowiak 1991, 182).<br />
Hatte sich Karl Hofer 1948 von Oskar Nerlinger noch den Vorwurf des Formalismus<br />
gefallen lassen m ssen, so geriet er nun, 1955, ins Visier der Gegenseite, und ihm wurde<br />
das Gegenteil angelastet. Dieses Beispiel macht die Begriffsverwirrung und Definitionsschwierigkeiten<br />
deutlich, die rings um die Kunst herrschten. Nicht ber cksichtigt wurde,<br />
daß es inzwischen das Informel gab, und die in dieser neuen Weise arbeitenden K nstler<br />
fanden zun hst auch keine Resonanz, sie fehlten z. B. auf der im gleichen Jahr<br />
stattfindenden ersten documenta in Kassel (vgl. Grochowiak 1991, 183). Einen letzten<br />
großen Aufschwung erfuhr der Streit anl ßlich der documenta II 1959 (vgl. Heinz 1991).<br />
Erst mit der aufkommenden Pop-Art Anfang der 60er Jahre ebbten die Debatten um die<br />
„abstrakte“ Kunst in Deutschland ab. Beigelegt oder gar „entschieden“ wurden sie aber<br />
seither nicht. Grasskamp bezeichnet das Verh ltnis zwischen abstrakter und realistischer<br />
Kunst noch 1992 treffend als ein „vermintes Gel nde“: „Man muß [...] diese deutsche<br />
Kunstmine nur antippen, und schon geht das Feuerwerk wieder los, wenn auch nicht<br />
mehr ganz so abendf llend wie vor vierzig Jahren.“ (106)<br />
Wie schon dargestellt, war eine relativ undifferenzierte Verwendung des Begriffes<br />
„abstrakte“ Malerei f r den Untersuchungszeitraum 1945-52 charakteristisch. Auch aus<br />
den Texten und Besprechungen wird zumeist nicht klar, welche Art Bilder sich hinter<br />
21 Carl Hofer schreibt z. B. 1954 in Der Monat: „Ja, in bedenklicher Weise n hert sich dieses Gebahren<br />
[der blinde Eifer der Verfechter der Abstraktion; KB] dem des Nazistaates mit Gauleitern und SS.<br />
Auch ein Goebbels ist schon vorhanden, der F hrer wahrscheinlich auch. Von einem der Gauleiter<br />
war bereits zu h ren, daß nicht der K nstler, sondern die Partei bestimmt, wie und was gemalt wird.<br />
Diktatur mit anderen Vorzeichen.“ (431) Grohmann kontert mit der Frage: „Lebt Hofer in Dresden<br />
oder Warschau? Bestimmt nicht. Er sieht nur Gespenster und k mpft, ein echter Don Quichote, gegen<br />
Windm hlen.“ (1954, 547)