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„Deutsche“ Kunst nach 1945 11<br />

wird. Die verschiedenen Kunstrichtungen der 50er Jahre wurden hierbei unter dem<br />

Stichwort „Kunst im Kalten Krieg“ als Repr sentantinnen verschiedener politischer<br />

Systeme gesehen, wobei zugleich eine begriffliche Zuordnung festgelegt wurde: die „abstrakte“<br />

Kunst stand f r den Westblock, die „gegenst ndliche“ f r den Ostblock.<br />

Interessanterweise wird diese Zuordnung retrospektiv als eine politische gesehen, deren<br />

Bezug zu einer Debatte ber „nationale“ Traditionen bzw. Definitionen negiert wird.<br />

„Beide Seiten suchten ihre Identit t in einem Prinzip, mit dem sie in das neue politische<br />

System paßten, statt in der eigenen Tradition“, schreibt Belting (1992, 57). Die habe<br />

n mlich nach der Teilung nicht mehr zur Verf ng gestanden: „An dem Teilerbe, das<br />

beide Seiten in Besitz genommen hatten, ließ sich das Thema der deutschen Kunst nicht<br />

mehr sinnvoll abhandeln.“ (8) Interessanterweise schließt Belting durch diese Formulierung<br />

nicht aus, daß es das Thema weiterhin gegeben habe. Damus urteilt hnlich zwiesp<br />

ltig, wenn er der modernen Kunst Westdeutschlands nach 1945 jegliche Tradition und<br />

jeglichen Zeitbezug abspricht, anschließend aber seine durchaus klare Vorstellung von<br />

der „westdeutschen“ Spezifik dieser Kunst zum Ausdruck bringt: „Die Kunst reagierte,<br />

indem sie alle konkreten Bez e und ganz ausdr cklich alles national Besondere mied,<br />

auf eine f r Westdeutschland spezifische Weise.“ (1995, 16; Hervorhebung KB) Diese<br />

retrospektive Negierung eines Zusammenhangs zwischen westdeutscher Kunst und<br />

„nationaler“ Tradition berrascht ganz besonders, wenn man die erneute Reklamierung<br />

der abstrakten Kunst als etwas spezifisch „Westdeutsches“ nach der politischen<br />

Vereinigung bedenkt. Die „abstrakte“ Kunst scheint f r diese Verkn fung offensichtlich<br />

besonders pr destiniert.<br />

Belting konstatiert immerhin ein „Teilerbe“ auf beiden Seiten, aber wie haben die<br />

Erbverhandlungen ausgesehen 10 und mit welchen Mitteln konnte die Konstruktion einer<br />

neuen Identit t gelingen, wenn nicht vermittels eines Bezugs auf die „nationale“<br />

Tradition oder „nationale“ Werte? Oder anders gefragt: Inwieweit wurden in der<br />

Definition der „abstrakten“ Kunst in den 40er und fr hen 50er Jahren positive und<br />

integrative Charakteristika einer neuen kollektiven Selbstdefinition erstritten, und<br />

inwieweit ist diese Selbstdefinition berhaupt als „nationale“ definierbar?<br />

Daß Erbverhandlungen erfolgten und m hsam waren und sind, l ßt sich daraus<br />

erschließen, daß noch vor den deutschen Staatengr ndungen 1949 ein Streit ber die<br />

Relevanz der Kunstrichtungen in Westdeutschland ausbrach, der seither nie beigelegt<br />

10 Zu den „Erbverhandlungen“ in der DDR vgl. Dollichon 1992, 104-109.

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