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Kapitel 2<br />

nachgeordnete) Position zu erlangen. Im Gegensatz zum „F hrerprinzip“ Hartmanns gilt<br />

hier ein „oligarchisches“ Prinzip: Eine Gruppe von abstrakten K nstlern kommuniziert<br />

mit einer Gruppe von nachgeordneten, f higen Rezipienten; gemeinsam begr nden sie<br />

eine neue Klassik, eine neue Ordnung, eine Welt, die - so Domnick - „der unseren, der<br />

kommenden, so ganz entspricht.“ (1947, 20) Potentiell haben alle „reinen, empf ngnisbereiten<br />

Seelen“ die Freiheit, an der neuen Ordnung teilzuhaben. Zu dieser Freiheit<br />

aber f hrt Hartmann 1932 aus: „Wirkliche Freiheit des Geistes ist nur im Wollen und<br />

allem, was mit ihm zusammenh ngt, im Handeln und in der Gesinnung. Weder in der<br />

Auslese der Situationen noch im Intelligieren noch im Wertempfinden ist Freiheit. Nur<br />

die Entscheidung und der pers nliche Einsatz f r oder wider ist bei empfundener Wertmannigfaltigkeit<br />

in die Macht des Menschen gestellt.“ (1949a, 186) Einzig eine<br />

„Wertblindheit“ stehe dem entgegen. „Sie haftet nicht dem Wertgef hl als solchem,<br />

sondern vielmehr nur dem Aussetzen des Wertgef hls an.“ (1949, 560) „Wertblindheit in<br />

diesem Sinne ist ein weitverbreitetes Ph nomen - auf sthetischem wie auf ethischem<br />

Gebiet -, und sie steht bei den Einzelnen in einem gewissen Abh ngigkeitsverh ltnis zum<br />

jeweilig allgemeinen Niveau des Wertbewußtseins einer Zeit oder eines Milieus.“ (561)<br />

Hartmann schafft hier eine bedeutsame Verbindung. sthetisches und ethisches Wertbewußtsein<br />

werden in eine N he ger ckt und gleichzeitig in eine Abh ngigkeit von einer<br />

Zeit oder einem Milieu gestellt. Auch Domnick definiert „den ganzen Komplex unserer<br />

geistig-seelischen Anlage, unserer Erfahrungen und Erlebnisse zu einem - mehr oder<br />

weniger scharf umrissenen - Weltbild“ (1947b, 123) als eines der Merkmale der nstlerischen<br />

Pers nlichkeit und betont, daß „das nstlerische Werk durch die geistig-seelische<br />

Artung der Pers nlichkeit milieuhaft bestimmt“ wird (134). Wie kann man diese<br />

Ausf hrungen im Jahr 1947 im Hinblick auf die j ngste Vergangenheit anders verstehen,<br />

als daß der NS ein falsches „Weltbild“ vermittelte und seine Anh nger von Wertblindheit<br />

geschlagen war, die es nun zu korrigieren gilt? Die Freiheit besteht also bestenfalls darin,<br />

die abstrakte Kunst nicht zu verstehen - mit dem gleichzeitigen Zugest ndnis, unter<br />

Wertblindheit zu leiden, d. h. dem Barbarentum der Nationalsozialisten immer noch nicht<br />

entkommen zu sein. „Die Ablehnung der abstrakten Malerei bedeutet oft eine Insuffizien[z]erscheinung<br />

auf Grund einer Ratlosigkeit, Wertungen zu treffen.“ (Domnick 1947,<br />

19) Auf dieser Basis l ßt sich die von Domnick aufgestellte Kategorie der „reinen“ Seelen<br />

konkretisieren: es handelt sich um eine Bezeichnung f r (auch nachtr gliche) Gegner<br />

des Nationalsozialismus. Die Zustimmung zur abstrakten Kunst wird zur zeitpolitischen

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