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Abstrakte Kunst und Wirtschaftswunder 179<br />

tritt, was Vorbilder liefert, was Trost und Lebenshilfe bietet, was hinter dem oberfl h-<br />

lichen Getriebe der Welt seit Ewigkeit bestehende Ordnungen aufleuchten l ßt, was also<br />

wesentlich, eigentlich, beseelt, substantiell oder gar religi s ist und somit den Menschen<br />

mit irgendwelchen h heren M hten in Verbindung bringt.“ (486) Wie bereits gezeigt,<br />

kommt die bisher vorgestellte Codierung der abstrakten Kunst als Sinnbild h herer Ordnungen,<br />

vermittelt durch den genialen K nstler, diesen Vorstellungen von Kunst entgegen.<br />

Diese traditionelle Bourgeoisie geh rte zwar durchaus auch zu den Profiteuren der<br />

technischen Entwicklung, als Bestandteil der K nste aber lehnte sie den Fortschritt ab.<br />

Ihre Vertreter verdammten „jede nur denkbare Neuerung innerhalb der K nste als entw<br />

rdigende Verheutigung (und genossen die Errungenschaften des technischen Fortschritts<br />

nur außerhalb des sthetischen Bereichs).“ (Hermand 1989, 504) Der abwertende<br />

Begriff der „Verheutigung“ scheint sich gegen eine angebliche Preisgabe der Tradition in<br />

der abstrakten Kunst zu richten, die mit einer Aufgabe der nationalen Wurzeln gleichgesetzt<br />

wurde. Diese Perspektive wird - wie bereits gezeigt - z. B. 1950 von Hans Sedlmayr<br />

bei den Darmst ter Gespr chen vertreten, als er den Vorwurf erhob, in der Parallelit<br />

t der sthetischen Formen moderner Kunst und technischer Errungenschaften sei<br />

eine Aufweichung und Preisgabe des Kunstbegriffs enthalten (vgl. Evers 1951, 54). Ob<br />

das Angebot der Recklinghausener Ausstellung diese Klientel erreichte oder gar berzeugen<br />

konnte, ist daher eher zweifelhaft. Die erste Umfrage ber die Akzeptanz der<br />

Bev lkerung gegen ber der „Malerei im Picassostil“ datiert erst 1955. Unter allen Bev<br />

lkerungsgruppen war die Ablehnung gegen ber dieser Malerei groß, doch ausgerechnet<br />

in der Bev lkerungsgruppe mit dem statistisch h chsten Bildungsstand war sie mit<br />

45 % am h chsten. 44<br />

Doch die „bildungsbeflissene Altbourgeoisie“ spielte in der wirtschaftlich expandierenden<br />

Bundesrepublik eine zunehmend kleinere Rolle; schlimmer noch: sie ging in der zweiten<br />

Zielgruppe auf. Von links wie rechts wurde immer wieder betont, daß die bundesrepu-<br />

44<br />

allg. Schulbildung mittl. Schulbildung Abiturienten<br />

ja: 6 13 16<br />

nein: 32 42 45<br />

unentschieden: 11 24 26<br />

uninteressiert: 51 21 13<br />

zitiert nach Herlemann 1989, 131, Anm. 37.<br />

Jost Hermand (1991, 152) stellt die Anschlußfrage: „Und das sind die Ergebnisse einer Umfrage ber<br />

die 'Malerei im Picasso-Stil'. Wie w ren die Prozentzahlen dieser Umfrage ausgefallen, falls man die<br />

gleichen 100 Westdeutschen nach ihrer Einstellung zur 'Willi-Baumeister-Malerei' gefragt h tte?“<br />

Weitaus interessanter w re 1955 sicherlich gewesen, erg nzend nach der Malerei im „Wols“- oder<br />

„Pollock“-Stil zu fragen.

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