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Abstrakte Kunst und Wirtschaftswunder 145<br />

schenden Eindruck verblassen heute die Kehrseiten der auf den ersten Blick so glanzvollen<br />

Entwicklung, so z. B. - um nur einige zu nennen - die Berufsverbote f r erkl rte<br />

PazifistInnen (vgl. Sch ll 1985), die Bedrohung durch einen erneuten Krieg und Atomwaffen<br />

sowie die wirtschaftliche Armut des berwiegenden Teils der Bev lkerung, die<br />

sich erst im Laufe der 50er Jahre milderte. Der „Aufschwung“ ging lange Zeit mit einer<br />

extremen Ausbeutung von Arbeitskraft berein, die Einkommen stiegen nach der sukzessiven<br />

Erh hung der Besch ftigungsquote im Laufe der 50er Jahre erst langsam an.<br />

Diese Entwicklung war an die fortschreitende Reinstallierung eines berkommenen konservativen<br />

Familienideals gekoppelt, in deren Verlauf die „Reservearmee“ der Frauen<br />

verst rkt an die Hausfrauenfunktion und die Rolle der Konsumentin zu binden versucht<br />

wurde - zunehmend erfolgreich.<br />

Die allm hliche Sicherung des Lebensunterhalts und die langsame Erh hung eines allgemeinen<br />

Lebensstandards waren aber nach den vielen Jahren der Not die berwiegenden<br />

Eindr cke und machten erst m glich, daß die Restauration „Zwischen Kaltem Krieg und<br />

Wirtschaftswunder“ (Hermand 1989, 6) gesellschaftlich relativ vorbehaltlos akzeptiert<br />

wurde. In diesen Jahren bildete sich das Selbstverst ndnis, das in dem inzwischen fast<br />

berstrapazierten 2 Satz „Wir sind wieder wer“ seinen Ausdruck findet und weit eher an<br />

die wirtschaftliche als an die politische Entwicklung gekn ft ist (vgl. Greiffenhagen<br />

1979, 103). Dieser Satz impliziert auch einen Vergleich mit und eine erfolgreiche<br />

Abgrenzung zur DDR, deren wirtschaftliche Entwicklung weitaus langsamer verlief.<br />

In dieser Situation wurde die Bedeutung der abstrakten Malerei gr<br />

er. Selbst so vehemente<br />

Kritiker der abstrakten Kunst der Nachkriegszeit wie Jost Hermand konstatieren,<br />

daß die „gesamte politische, gesellschaftliche, konomische und kulturelle Situation in<br />

der Bundesrepublik nach 1950 f r diese Art von Malerei 'reif' gewesen“ sei (1991, 154).<br />

In der Rezeption werden bereits vorgestellte - und relativierte - Argumente zur<br />

Begr ndung angef hrt (siehe Kap. 1): der Staat habe nur solche Kunst gef rdert, ein<br />

kleiner Prozentsatz einflußreicher Intellektueller habe sie unterst tzt, und die Abstraktion<br />

sei als Zeichen westlicher Freiheit gegen den Sozialistischen Realismus aufgebaut worden<br />

(vgl. Hermand 1991, 155 f.). Die Bedeutung der zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre<br />

w hrenden Codierung der abstrakten Malerei wird bei der Suche nach den Gr nden<br />

untersch tzt.<br />

2 Dieser Satz wird nicht nur in fast jeder Ver ffentlichung zur Nachkriegszeit genannt, sondern hat auch<br />

schon verschiedentlich als Ausstellungstitel gedient - zuletzt f r eine Fotografie-Ausstellung des<br />

Deutschen Historischen Museums von Februar bis April 1996 in Berlin.

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