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Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 93<br />

vorgestellten Texten formuliert, daß die K nstler (organische) „Urformen“ darstellen, die<br />

sogar hinter die sichtbare Natur zur ckgreifen, „wahre Natur“ sind, daß das Kunstwerk<br />

„atmet und lebt“ (Domnick 1947a, 109). Die „Urformen“ in der „abstrakten“ Malerei<br />

lassen sich unter diesem Blickwinkel als Visualisierungen der Rekonstruktion einer<br />

neuen/alten nationalen Identit t sehen, die trotz des Nationalsozialismus „verborgen“<br />

weitergelebt habe und nun wieder „entdeckt“ werden muß.<br />

Bei diesem Vorgang der Formgebung scheint die „Verunreinigung“ des NS stellvertretend<br />

durch die Materialit t, d. h. den abgebildeten Gegenstand - zumindest tendenziell -<br />

ausgegrenzt zu werden. Gleichzeitig st nden diese Grenzziehungen f r eine berwindung<br />

der angeblich durch den NS verursachten Vermischung von Trug und Wahrheit,<br />

Wirklichkeit und Fiktion usw. sthetisch w rde dies durch das bei Baumeister am eindeutigsten<br />

dargestellte, vom Betrachter zu vollendende „In-Form-Bringen“ erreicht, und<br />

das erkl rt vielleicht, daß Domnick nur auf dieses Bild Bezug zu nehmen scheint. Bei den<br />

anderen Malern zeigt sich - weniger konsequent - eine bereits gefestigte Begrenzung<br />

durch dicke schwarze Umrißlinien der Farbfl hen. Das Schließen der Form bzw. ihre<br />

Geschlossenheit vermittelt unter dieser Perspektive „die Fiktion einer ganzheitlichen<br />

visuellen Ordnung. Sie entsteht sofort, wenn mehrere f r sich begrenzbare Elemente visuell<br />

einander zugeordnet werden und damit einen Zwischenraum strukturieren.“ (Franz<br />

1992, 16) Um diesen sthetischen Effekt aber als Analogie zu der theoretischen Codierung<br />

zu erkennen, w re Voraussetzung, daß die Zeitgenossen eine gemalte Begrenzung<br />

auf einem Bild als Zeichen f r eine Abgrenzung historischer und sozialer Art lesen<br />

k nnten. Daß aber ein solcher „ikonischer Code“ vorlag bzw. durch die Bilder initiiert<br />

wurde (vgl. Eco 1989a, 74; 87), l ßt sich anhand des untersuchten Materials nicht<br />

nachweisen.<br />

Das relativ weite stilistische Spektrum der ausgestellten Arbeiten markiert die relative<br />

Dehnbarkeit des von Domnick benutzten Begriffes „abstrakt“ in bezug auf Kunstwerke,<br />

der nicht notwendig „ungegenst ndlich“ meint. Domnick selbst f hrt aus: Ob bei der<br />

Gestaltung der „Urformen“ „Gegenst ndliches anklingt oder eine neue Gegenst ndlichkeit<br />

aus prim r abstrakten Formen geschaffen wird, ist bei jedem K nstler individuell<br />

verschieden. Der Begriff der abstrakten Malerei wird davon nicht ber hrt.“ (1947, 19;<br />

vgl. auch 1947a, 109) Die Bezeichnung „abstrakt“ ist andererseits die wesentliche gemeinsame<br />

Klassifizierung dieser so unterschiedlichen Bilder. Zwar h tte man auch damals<br />

- zumal von Fachleuten - eine Differenzierung zwischen Arbeiten erwarten k nnen,<br />

die gegenstandslos sind, die sich am Kubismus oder am Surrealismus orientieren oder

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