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Kapitel 4<br />
geistigen Griff [...] bekommen, indem sie die technischen Kr fte nicht einfach dem<br />
zweckhaft praktischen Leben berlassen, sondern in geformtes Eigenleben bersetzen.“<br />
(Große Perdekamp) Es wird also wiederum eine Dualit t und eine Konkurrenz zwischen<br />
Kunst, stellvertretend f r das „Geistige“, und Technik, stellvertretend f r die „Materie“,<br />
vorausgesetzt.<br />
Dieses Verh ltnis zwischen Kunst und Technik bzw. „Geist“ und „Materie“ ist in der<br />
Debatte ber abstrakte Kunst nicht neu - es zeigt sich schon 1947 bei Domnick -, wird<br />
aber 1952 in der Recklinghausener Ausstellung in den Mittelpunkt gestellt.<br />
Der gesamte Prozeß der Codierung abstrakter Kunst seit 1945 ist mit der Thematik<br />
Technik bzw. industrielle Revolution eng verkn ft. Die kulturpessimistische Grundaussage<br />
hierzu hat sich nicht ver ndert: Durch den Einbruch der industriellen Moderne habe<br />
sich das Leben gravierend g ndert und sei in Gefahr geraten, in ein „Chaos“ abzurutschen.<br />
Zur Rekapitulation seien die wesentlichen Stellungnahmen von Domnick und<br />
Rebay zum Verh ltnis Kunst und Technik noch einmal kurz zusammengefaßt:<br />
Die Menschen seien, so Domnick 1947, mit der Umstellung nicht fertiggeworden, erst<br />
die abstrakte Kunst gehe mit diesem Ph nomen konstruktiv um. Domnick konstruierte<br />
die Vorstellung von einer abstrakten Kunst, die durch den aktiven Zugriff des K nstlers<br />
auf den „objektiven Geist“ geistige Inhalte transportiere. Der „objektive Geist“ aber umfaßt<br />
nach Domnicks Gew hrsmann Nicolai Hartmann bereits die technische Entwicklung.<br />
Geist und Technik werden so nicht mehr als unvereinbare Gegens tze verstanden, aber<br />
die Technik wird als Bestandteil des „objektiven Geistes“ diesem untergeordnet. Auf<br />
dieser Basis verarbeite und erwinde die abstrakte Kunst die aus der industriellen<br />
Revolution entstandenen Probleme und k nne ein Absinken in das bef rchtete Chaos<br />
verhindern. Das Chaos aber - so kann man aus Domnicks Ausf hrungen schließen (siehe<br />
S. 62 f.) - wird u. a. gleichgesetzt mit dem Nationalsozialismus, der diese Gegens tze<br />
nicht zu vers hnen vermocht habe.<br />
Hilla Rebay argumentiert grunds tzlich hnlich, aber mit einer anderen Schwerpunktsetzung.<br />
F r sie ist die abstrakte bzw. gegenstandslose Kunst weniger Mittel zur berwindung<br />
oder Verarbeitung der modernen Entwicklung, sondern sie wird in ihrer<br />
Eigenschaft als Zeichen des „Geistigen“ als notwendiger Bestandteil einer zivilisatorischen<br />
Entwicklung angesehen. Der Zweite Weltkrieg, auch f r Rebay Inbegriff<br />
des Chaos, sei ein Zeichen daf r, daß die geistige Entwicklung in Deutschland mit der<br />
technischen nicht habe Schritt halten k nnen. Das Fehlen eines parallelen geistigen<br />
Fortschritts habe das „Chaos“, den Krieg, verursacht und damit auch die technische