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226<br />

Textdokumentation<br />

abstrakter Maler ist!) widerspricht aber dem Wesen der abstrakten [Seite 133:] Malerei i. e. S. und ihres<br />

Schaffensprozesses in psychologischer Hinsicht. Das, was unter dieser Methode unter allm hlicher<br />

Weglassung der "Realit t" erreicht wird, wird beim im eigentlichen Sinne abstrakten Maler a priori<br />

erreicht, ohne den methodischen Weg des Streichens und Weglassens. Man sieht wieder einmal, daß<br />

man jedes Ziel von zwei Seiten her erreichen kann. Ein Werturteil ist damit nicht verbunden. Picasso als<br />

einer der Wegbereiter der abstrakten Malerei geht den Weg von dem "etwas", dem Objekt, erreicht aber<br />

in vielen Werken das gleiche Ziel wie die "Abstrakten", die ihn von der entgegengesetzten Richtung her<br />

betreten.<br />

Ein anderer Vorgang findet bei der Symbolisierung statt. Die Abstraktion zieht die unwesentlichen<br />

Einzelheiten vom Begriff ab und stellt den Oberbegriff heraus. Das Symbol zieht nicht ab. Es verrzt,<br />

aber es faßt in einer zusammengeballten Formel, und zwar haupts chlich optisch, verschiedene<br />

Begriffe in einer gemeinsamen Formel zusammen, verdichtet sie gleichsam, macht sie anschaulich und<br />

bildhaft und deutet. Will man die Abstraktion aussprechen, gen t oft ein Wort. Das Symbol kann man<br />

nur in einer langen Reihe von Erkl rungen aussprechen, da meist unvollkommen. Die Urformen pr historischer<br />

Zeiten stellen Symbolbildungen einer reichen Vorstellungswelt dar. F r unsere Zeit hat der<br />

Symbolismus oft etwas Anr chiges, da er durch die Jahrhundertwende oft mißbraucht wurde und mehr<br />

eine billige und demonstrative, oft sentimentale Verkleidung als eine Zusammenballung darstellte<br />

(Germania, Hakenkreuz, schließlich Reklamezeichen f r den Handel). Es ist im Gegensatz zur Abstraktion<br />

nicht eine eigene Sprache unserer Zeit. Die abstrakte Malerei bedient sich auch nicht derartiger<br />

festgepr gter Symbolismen, sondern zeigt eine neue Symbolik in dem Sinne, daß sich die Problematik,<br />

die den K nstler bewegt, in einer zusammengeballten Form niederschl gt, verbildlicht, imaginiert.<br />

Nicht aus symbolistischen Formen besteht das Bild, sondern es ist in toto Symbolisation, aber in neuer,<br />

einmaliger Pr gung.<br />

Der Begriff der Vorgestalt als Faktor des abstrakten Schaffensprozesses bedeutet nun nicht, daß<br />

das abstrakte Bild selbst auf einem Vorstadium steht, daß es "unvollendet" ist. Es handelt sich vielmehr<br />

um ein Stadium des Kunstwerkes, wie z. B. auch das Kind ein Stadium des Menschen ist, - nicht unvollendet<br />

im Hinblick auf das Ziel des Greises, sondern eine abgeschlossene Pers nlichkeit f r sich, die<br />

sich zwar weiter wandeln kann und wird, die aber dadurch nicht nur gewinnt, sondern auch wesentliches<br />

verliert. Im Gegensatz zu dem Zeitalter der Aufkl rung, die eine stetige Aufw rtsentwicklung zu<br />

einem ideellen Endziel postulierte, sehen wir ja auch in jeder Epoche der Kultur nicht ein Zwischenstadium<br />

bis zu einem endlichen Ziel unserer "geistigen H he", sondern erkennen den immanenten Wert<br />

jeder Kultur.<br />

Das abstrakte Bild ist unter dem Blickpunkt der "Vorgestalt" ein in sich abgeschlossenes Wesen.<br />

Es ist "fertig", nur nicht im Sinne des naturalistischen Ausbaus. Es l ßt offen, z. B. die Phantasie des<br />

Beschauers, vielleicht auch [Seite 134:] mehr und entspricht unserem heutigen Bem hen, uns nicht die<br />

Dinge als gebrauchsfertiges Objekt vorsetzen zu lassen, eine Tendenz, die zwar in der Zeit und ihrer<br />

"Verzweckung" beruht, aber eben berwunden zu werden im Begriff ist. Es ist nicht fertig f r uns. Es<br />

l ßt offen. Dieses Offen-lassen verlangt aber nicht eine Arbeit. Beileibe nicht ein Hineindeuteln von<br />

gegenst ndlichen Formen, Gef hlsinhalten, Erlebnismomenten. Wer die abstrakte Malerei so sieht,<br />

mißversteht ihr Wesen. Novellistisch verarbeiten l ßt sich die abstrakte Malerei nicht, indem man etwa<br />

aus einem Bild ein Gedicht macht. Die Bildform ist fertig, in sich abgeschlossen. Nur in bezug auf den<br />

Beschauer bedeutet sie Andeutungen, Winke und ruft damit eine Spannung hervor, die unmittelbar der<br />

des schaffenden K nstlers entspricht. Diese Winke zu "verstehen", die sch pferische Idee nachzuerleben<br />

in der Art, wie sie sich im Schaffensprozeß abspielt, ist die Aufgabe, die das Kunstwerk verlangt.<br />

Wenn wir nach diesen Ausf hrungen noch einmal die Frage nach der Anonymit t im Sinne der<br />

Ich-Freiheit, nach dem Erlebnis, nach der Beziehung der sch pferischen Pers nlichkeit zum Werk<br />

stellen, so ist vielleicht folgendes klargeworden: Die Anonymit t ist als negative Begriffsbestimmung<br />

gegeben durch die Befreiung vom pers nlichen Erlebnis und den Alltagsproblemen; als positive bedeutet

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