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Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 81<br />
Gesinnungsfrage erweitert. 57 Domnicks „Idee“ von der abstrakten Malerei und der<br />
Begriff des „objektiven Geistes“, den er dazu einsetzt, sind ein Imperativ! Dar ber kann<br />
auch der Anstrich des Demokratischen - steht sie doch jedem, der „rein“ wird, offen -<br />
nicht hinwegt uschen. Auch wenn der Anspruch auf eine Realisierung der geistigen<br />
Inhalte als solche in der realen Welt nicht mehr explizit behauptet wird, so hat der<br />
„objektive Geist“ doch einen Anspruch auf unbedingte Anerkennung im „individuellen“<br />
Geist der Rezipienten.<br />
Auszugrenzen ist also der Nationalsozialismus und alles, was mit ihm assoziiert wird:<br />
Expressionismus, Unordnung, Maßlosigkeit usw. (siehe S. 62). Die geforderte<br />
symbolische Unterwerfungsgeste des Rezipienten zeigt, daß gleichzeitig eine symbolische<br />
berwindung des „Weiblichen“ stellvertretend f r eine berwindung des NS inszeniert<br />
wird.<br />
Das m nnlich konnotierte Kreativit tsmodell und die symbolische Tilgung oder Opferung<br />
des „Weiblichen“ durch die Ausgrenzung des Nationalsozialismus, Expressionismus etc.<br />
und die vor bergehende Demonstration von „Empf ngnisbereitschaft“ verweisen darauf,<br />
daß es hier um die Konstitution einer ebenfalls m nnlich konnotierten Gemeinschaft,<br />
eines M nnerbundes, geht. Anderson verweist darauf, wie sehr der Begriff „Nation“ mit<br />
der Vorstellung von „Br erlichkeit“ verkn ft wurde (vgl. 1996, 200-205). Durch die<br />
Konstruktion der gemeinsamen Genealogie wurde ein „'kameradschaftlicher' Verbund<br />
von Gleichen“ (17) suggeriert. Auch die Konstitution einer neuen (nationalen) Identit t<br />
im Sinne Domnicks zielt auf einen Verbund von sch pferischen M nnern, deren Identit t<br />
sich ber den Ausschluß von „Weiblichkeit“ konstituiert und auf die idealisierten<br />
„Urformen“ als etwas „Altes“, angeblich genealogisch Gesichertes zur ckgreift. 58 Die<br />
symbolische Opferung am „Altar des Vaterlandes“ ist, wie Kathrin Hoffmann-Curtius<br />
(1991a) gezeigt hat, ein wiederkehrendes Muster und integraler Bestandteil der rituellen<br />
Inszenierung einer nationalen Gemeinschaft seit der Franz sischen Revolution. In<br />
gleicher Weise wird auch bei Domnick die inszenierte „Opferung“ Voraussetzung zur<br />
57 Mit der gleichen Begr ndung h tte brigens auch eine Zustimmung zum NS gefordert werden<br />
k nnen!<br />
58 Interessant ist an dieser Stelle, daß die Unesco ca. 1950 eine Umfrage ber das nationale Selbstbild<br />
durchf hrte und sich nach einer Auswertung von Hofst tter (1970, 168) dabei in Deutschland die<br />
Attribute in einer Skala von 1 (optimal) bis -1 wie folgt staffeln lassen: Vater (0,93), Intelligenz<br />
(0,91), m nnlich (0,86), Produzent (0,78), Ordnung (0,78), Mutter (0,62), Kampf (0,55), Tod (0,35),<br />
Geborgenheit (0,33), weiblich (0,2), Gem t (-0,08), Sklaverei (-0,35) usw. Auff llig ist die hohe<br />
Einsch tzung von „Vater, M nnlichkeit und Produzent“ im Verh ltnis zu „weiblich“ knapp an der<br />
Grenze einer negativen Einsch tzung und unter dem „Tod“ rangierend!