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Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 89<br />
treiben und w hrend der Produktion in Atem halten, erfahren nicht durch weiteren<br />
formalen Bildausbau eine Verflachung, sondern werden bereits im initialen Stadium der<br />
Vorgestalt fixiert und damit direkt dem Beschauer bertragen. Bevor dem K nstler selbst<br />
die Vorgestalt bewußte Gestalt wird, schreibt er sie nieder.“ (1947b, 129 f.) Die Annahme<br />
einer optischen Form des Vorerlebnisses versucht Domnick mit der Traumdeutung<br />
zu beweisen. Auch im Traum, so f hrt er aus, gebe es eine Art Vorerlebnis, „eine<br />
noch nicht richtige Gestaltbildung der Inhalte“ (1947b, 130). Gegen Freud behauptet er<br />
dann: „[N]icht das Unbewußte ist aus einer Tiefe aufzudecken und hervorzuholen, sondern<br />
das zu viel Bewußte ist abzur umen zur Wiederherstellung der 'wahren Natur'.“<br />
(130 f.) Das Unbewußte, so kann man hieraus lesen, sei 'wahrer' als das Bewußte und<br />
bilde sich im Traum formal ab, bevor es mit Hilfe von Engrammen 66 spezifiziert werde.<br />
Hier n hert sich Domnick den Theorien C. G. Jungs von einem „kollektiven Unbewußten“,<br />
das er auch in seinen Ausf hrungen anspricht (vgl. 124). Eine Begr ndung f r die<br />
„amorphe“ Struktur dieses vorbewußten Bildes aber kann er nicht geben. Es ist dennoch<br />
deutlich geworden, daß sich Domnick mit diesen Bez en auf eine urspr ngliche Ordnung,<br />
eine „wahre Natur“ (131) vor der Natur bezieht.<br />
Der Begriff „Urformen“ und die „wachsende Form“ sind einer spezifischen ikonographischen<br />
Entwicklung innerhalb der abstrakten Kunst seit Anfang der 30er Jahre zuzurechnen<br />
(vgl. Brandt 1987, Kr ger 1990 und Bromig 1991). An den Arbeiten vieler ungegenst<br />
ndlicher K nstlerInnen dieser Zeit ist eine auff llige Abwendung von pr ise geometrischen<br />
Formen hin zu organischen Formen und geschwungenen Konturen zu beobachten<br />
(vgl. auch Wenk 1996, 193 ff.). „[A]n die Stelle puristischer Ordnungskonzepte“<br />
sei in der Malerei „die lebendige Bewegung“ getreten (Brandt 1987, 34). „Die Unterdr<br />
ckung jeglicher Individualit t und Selbstbestimmung der Menschen, wie sie in den<br />
totalit ren Staaten vorangetrieben wurde, und wie sie dem Einzelnen gerade das Gegenteil<br />
von Erl sung brachte, ließ Skepsis gegen ber einer sthetik der maschinenhaften<br />
Pr ision, der technischen Vollkommenheit, der uneingeschr nkten Rationalit t und des<br />
Anti-Emotionalen aufkommen.“ (32) Der K nstler (Willi Baumeister) in den von Leonhard<br />
fingierten Gespr hen sagt: „Mit der Zeit aber, von einem Bild zum anderen, gewinnen<br />
sie [geschwungene Umrißlinien, eigenwillige Rankenornamente, organische Urformen;<br />
KB] immer mehr Bedeutung un berwuchern schließlich die ganze<br />
[geometrische; KB] Fl he. Das war zu Beginn des Krieges, als mir, wie uns allen wohl,<br />
66 Engramm = im Zentralnervensystem hinterlassene Spur eines Reiz- oder Erlebnisausdrucks, die -<br />
auch unbewußt - abgerufen werden kann.