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„Deutsche“ Kunst nach 1945 27<br />
erscheint es mir wichtig, diese Kontinuit ten aufzudecken und auf diese Weise vielleicht<br />
zur seiner Dekonstruktion beizutragen.<br />
Als ein Spezifikum des Kunstbetriebs zwischen 1945 und 1952 lassen sich die vielen Debatten<br />
und Streitgespr he 41 festmachen, die sich um den „fließenden“ Begriff „abstrakte<br />
Kunst“ drehen (Abb. 1), obwohl - wie noch zu zeigen sein wird - fast alle zeitgen ssischen<br />
Diskussionsteilnehmer behaupten, daß sie verbal nicht zu fassen sei. 42 Zugleich ist<br />
schon im Vorfeld deutlich geworden, daß die kontroversen Positionen in den Debatten<br />
um die „abstrakte“ Kunst der ausgehenden 40er und beginnenden 50er Jahre offensichtlich<br />
mit der Definition des „Nationalen“ verkn ft sind, ohne es direkt zu benennen.<br />
Um die gemeinsamen Bestandteile eines Gegenstands zu fixieren, schl gt Irit Rogoff<br />
(1992) methodisch das framing, das Einrahmen, vor. Erst das Einrahmen eines bestimmten<br />
historischen diskursiven Feldes erlaubt einen analysierenden Blick von außen. Auf<br />
den empirischen Beobachtungen aufbauend kann man die kontroversen Diskussionen<br />
ber die „abstrakte“ Kunst dann mit Foucault (vgl. 1991; 1983, 88) insgesamt als Bestandteile<br />
einer diskursiven Strategie zu interpretieren versuchen. Die kontroversen Diskussionsbeitr<br />
ge w ren dann „taktische Elemente oder Bl cke im Feld der Kraftverh ltnisse:<br />
es kann innerhalb einer Strategie verschiedene und sogar gegens tzliche Diskurse<br />
geben“ (1983, 123). Als eine Gemeinsamkeit der Streits l ßt sich unter dieser Perspektive<br />
ihre „Kraft“ definieren, „Gegenstandsbereiche zu konstituieren, hinsichtlich deren<br />
wahre oder falsche S tze behauptet oder verneint werden k nnen.“ (1991, 44) Es ist also<br />
festzuhalten, daß die Debatten ber die „abstrakte“ Kunst als diskursive Strategie ihren<br />
Gegenstand, d. h. die wechselnden und immer wieder zu fixierenden Definitionen der<br />
„abstrakten“ Kunst erst konstituierten. Aus dem skizzierten Material ergibt sich, daß<br />
diese Diskursbewegung zugleich um eine Definition des „Deutschen“ kreiste. Es scheint<br />
so, als habe sich nach 1945 im Diskurs ber die bildende Kunst ein Angebot der nationalen<br />
Identit t formuliert. In Anlehnung an den methodischen Ansatz der Semiotik w re die<br />
(Richter 1996, 10)<br />
ber die Parallelen zwischen der Situation in Deutschland nach 1945 und der nach der deutschen<br />
Vereinigung, vor allem was „Ordnung“ und „Reinlichkeit“ betrifft, vgl. Broder (1993).<br />
41 Das Streitgespr ch wurde sogar als literarische Form zur Vermittlung der abstrakten Kunst nstlich<br />
eingesetzt, vgl. Kunstgespr ch 1947, Leonhard 1947, Roh 1947a.<br />
42 Dieses Ph nomen hat Foucault als Spezifikum einer Diskursivierung dargestellt. Die These, ein<br />
Gegenstand und seine „Wahrheit“ st nden außerhalb eines Diskurses, sei Teil eines Imperatives,<br />
„durch den man den Diskurs vorantreibt.“ (1983, 48)