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Textdokumentation 215<br />

zwar nicht immer so eigenwillig wie in revolution ren Tagen, aber doch s rbar und ablesbar. Nur der<br />

Beschauer erkannte nicht immer die Bildgesetze, sondern urteilte nach Motiv, Stimmung, Aehnlichkeit<br />

und bewunderte eigentlich mehr das manuelle Geschick in der Fertigung illusionistischer Darstellungen.<br />

Es entstand eine un nstlerische Einstellung des Betrachters zum Bild. Es ist folgerichtig und verst ndlich,<br />

wenn man sich von jenen revolution ren Bildern beleidigt und verletzt abwandte, die mit diesen<br />

Gesetzen brachen. Das geschah schon zur Zeit des Impressionismus, erfuhr eine Steigerung im Expressionismus<br />

und mit jeder Form einer neuen nstlerischen Aussage entstand eine erneute Opposition.<br />

Aber es gab eine kleine Gruppe von Menschen, die anders sah und anders sehen lehrte. Diese<br />

Gruppe ist auch heute wieder klein, aber sie hat die Beziehung zur abstrakten Kunst behalten k nnen,<br />

nicht weil sie sich emanzipierte in snobistischer Wichtigtuerei, oder weil sie aus "Eingeweihten" besteht,<br />

oder weil sie durch die Kenntnis der kunstgeschichtlichen Entwicklung in die abstrakte Formenwelt<br />

hineingewachsen ist (obwohl es auch diesen Weg gibt!), sondern weil sie Altes und Modernes, Gegenst<br />

ndliches und Abstraktes mit denselben Augen sieht: ber den Weg der reinen Form. Bei der abstrakten<br />

Kunst sind die absoluten Formelemente wieder vorherrschend. Das ist keine Einschr nkung, sondern<br />

ein Besinnen auf die Urwerte nstlerischen Schaffens. Es sind im abstrakten Bild alte, bisher nur<br />

nicht geschaute Formwerte. Diese m ssen geahnt, erf hlt, erlebt werden. Ein abstraktes Bild entsteht<br />

nicht etwa dadurch, daß man vom Gegenst ndlichen absieht und abstrakte Formelemente in sthetisch<br />

ansprechender Weise zusammenf t, sondern es ist eine Neusch pfung von Formen, Figuren, Gebilden<br />

zwar mit abstrakten Mitteln, aber aus einem Spannungsverh ltnis zwischen Maler und Umwelt geboren,<br />

hinter der eine Idee und ein Erlebnis steht, das vom Beschauer in spezifischer Weise nacherlebbar sein<br />

sollte.<br />

Wenn der abstrakten Kunst Formalismus vorgeworfen wird, so gilt das f r schwache Interpreten,<br />

nicht aber f r die abstrakte Kunst an sich. Formale Dinge spielen zwar eine entscheidende Rolle im<br />

abstrakten Bild. Sie zu beleben, sie zu durchgeistigen, aus ihnen ein atmendes Kunstwerk zu gestalten,<br />

entscheidet ber die Frage: Kunst oder dekoratives Spiel. Abstrakte Kunst kann zwar dekorativ abgleiten,<br />

formalistisch werden. Schwache Interpreten hat es zu allen Zeiten gegeben, nur war in gegenst ndlichen<br />

Bildern die M glichkeit, sich zu verbergen, gr ßer. Wenn man in jeder anderen Kunst ber die<br />

schwachen Interpreten als belanglos hinwegsieht, so werden sie bei einer relativ [Seite 109:] so jungen<br />

Kunstform, wie es die abstrakte Malerei ist, aber berwertet und bringen zu Unrecht den gesamten<br />

Kunstzweig in Mißkredit.<br />

Formalismus entwickelt sich aus sich selbst. Er ist das sterile lebensunt chtige Kind der abstrakten<br />

Malerei. Punkt, Kreis, Strich usw. stehen auf der Fl che in einem gewissen Spannungsverh ltnis,<br />

das sich aus formalem Spiel entwickelt und sich unendlich oft in Variationen wiederholen l ßt. Es besteht<br />

keine innere Notwendigkeit, es so oder so zu machen. Dieses Spiel ist steril, wenn das sch pferische<br />

Moment nn ist und gestaltender Geist fehlt. Der geistige Entwurf, die Konzeption kann aus der<br />

F lle vision rer Erlebnisse kommen, sich weltanschaulich ausrichten oder auch gegenst ndlich inspiriert<br />

sein. Es ist daher auch t richt, den Begriff der abstrakten Kunst nur auf gegenstandslose Bilder<br />

anzuwenden. Das Erlebnis wird optisch-vision r umgesetzt, geformt, gestaltet. Daraus entwickelt sich<br />

die spezifisch-individuelle malerische Aussage, frei bildend, autonom, die alle Variationen und M g-<br />

lichkeiten einer pers nlichen Aussage tr gt. Es kommt auf die geistige Haltung an, aus der heraus das<br />

Formale gestaltet wird. Die nstlerische Pers nlichkeit muß das Wesen der Abstraktion erkannt haben<br />

und durch sie hindurch gegangen sein. Aus formalem Spiel entsteht noch kein abstraktes Bild. Das<br />

abstrakte Bild ist eine geistige Welt, die atmet und lebt. Es gibt "abstrakt" schaffende Maler, die zwar<br />

den Gegenstand vermeiden, aber doch nicht dem Wesen der Abstraktion gerecht werden, wie auch umgekehrt<br />

in abstrakten Bildern eine Gegenst ndlichkeit entstehen kann, die die abstrakte Welt bedeutet.<br />

Das Kunstwerk wird somit ein pers nlichkeitsgebundener Ausdruck des Malers mit seinem Wesen,<br />

seiner Liebe, seinem Temperament, seiner Ethik.

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