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Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 45<br />
m ßig eine einheitliche und kontinuierliche nationale Tradition der Deutschen annimmt.“<br />
(1991, 46) Als „Gegenstandsbereich“ im Sinne Foucaults, hinsichtlich dessen „wahre<br />
oder falsche S tze behauptet oder verneint werden k nnen“ (1991, 44; siehe S. 27),<br />
bleibt die „Nation“ von Bedeutung, es werden nur neue Antworten zu formulieren<br />
versucht. Die neue Identit t scheint zwar einerseits die Struktur der Identit t als Konstruktion<br />
von Ein- und Ausgrenzungen selbst aufzuzeigen, bewegt sich aber gleichwohl<br />
im Rahmen der identifikatorischen konomie: Das Modell domestiziert Widerspr che,<br />
und gerade diese Widerspr chlichkeit wird gegen eine als konstruiert empfundene Ganzheit<br />
gesetzt. 17<br />
Der offene, bejahende nationale Diskurs sollte, ja mußte in der Nachkriegszeit<br />
zunehmend ausgespart werden, um nicht dem Verdacht oder Selbstvorwurf einer Weiterf<br />
hrung des Nationalsozialismus bzw. eines nun negativ eingesch tzten Nationalismus zu<br />
unterliegen (vgl. Hermand 1989, 84 f.). Oder er mußte eingeklammert werden. Im<br />
erprobten und bew hrten Bereich der Kultur konnte scheinbar relativ leicht der Konsens<br />
geschaffen werden, daß der NS (k)einen Einfluß hatte aus ben k nnen, daß noch<br />
„(R)Einheit“ bestand. Relativ leicht scheint dieses bildungsb rgerliche Muster wieder<br />
abrufbar und der neuen Situation angepaßt worden zu sein (vgl. Giesen 1993, 236).<br />
Die Vorstellung von einer Kulturnation bezog sich nach 1945 in erster Linie auf traditionelle,<br />
klassische Werte: Christentum und vor allem Humanismus, den man in der Antike<br />
und in den literarischen Klassikern suchte (vgl. Heuss 1950), allen voran bei Goethe,<br />
dessen Rezeption einen Boom erfuhr (vgl. Glaser 1990, 318 ff.). Moderne Kunst und<br />
somit auch die „abstrakte“ Kunst geh rte zun<br />
hst nicht in den Kanon der Kulturnation<br />
und sie wurde auch keineswegs beim Ende des NS-Regimes sofort rehabilitiert und mit<br />
einer breit angelegten Wiedergutmachung und Anerkennung bedacht. Ganz im Gegenteil<br />
wurde ihr nach 1945 viel Ablehnung entgegengebracht. „ bereinstimmend wird<br />
berichtet, daß die in den ersten Nachkriegsausstellungen gezeigte moderne Kunst trotz<br />
intensiver Vermittlungsbem hungen der K nstler selbst bei großen Teilen des Publikums,<br />
der Presse und der Kunstkritik auf heftigste Ablehnung stieß.“ (Straka/Suermann 1983,<br />
17 Die Greiffenhagens benennen diese Struktur als eine typisch deutsche Antwort auf politische Diskontinuit<br />
t: „[W]ir Deutschen [haben] einen besonderen Geschmack f r historische Wendepunkte<br />
ausgebildet [...]. Geschichtsphilosophie ist die deutsche Kunst, aus der Not historischer Kurzatmigkeit<br />
die Tugend einer 'Sinngebung' zu machen. [...] Kulturkritik, Zeitgeistanalysen, Geschichtsphilosophie<br />
sind 'typisch deutsch', geh ren zum Bild der politischen Kultur Deutschlands. Sie sind<br />
auch nicht auf das Feld der politischen Kultur beschr nkt. Konservative wie Progressive benutzen<br />
dialektisches Denken, um die 'Widerspr che' geschichtlicher Phasen wenigstens gedanklich<br />
'aufzuheben'.“ (1979, 28)