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Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 41<br />

paraphrasieren, die jeweilige Nation immer schon gegeben, ihre Renaissance sei nur „die<br />

garantierte R ckkehr zu einer urspr nglichen Wesenhaftigkeit“, ein „sp tes Erwachen“<br />

(196), die „Wiederentdeckung“ eines Erbes, das „in der Tiefe des eigenen Wesens eigentlich<br />

schon immer vertraut gewesen sei.“ (197)<br />

Im deutschen Sprachgebrauch ist „Nation“ aus historischen und kulturellen Gr nden<br />

nicht notwendig mit einem realen staatlichen Gebilde verkn ft, sondern bezeichnet gleichermaßen<br />

die intendierte Errichtung eines Staates (vgl. Richter 1996, 99). Als Vergleich<br />

wird hier traditionell das Nachbarland Frankreich herangezogen, dessen Geschichte auch<br />

den deutschen Nationalbegriff beeinflußt und in seiner neuzeitlichen Ausformung mit<br />

initiiert hat.<br />

In Frankreich ist der Nationalbegriff enger mit dem Staatsgedanken verbunden. 9 Als<br />

„Nation“ konstituierte sich die Bev lkerung in der Franz sischen Revolution in Opposition<br />

zur absolutistischen Herrschaft. 10 Daß die „Nation“ auch eine gemeinsame Sprache,<br />

ein Territorium und eine gemeinsame kulturelle Tradition besitzt, stand in Frankreich nie<br />

in dem Ausmaß in Frage wie in Deutschland. Nationalit t ist in Frankreich vorwiegend<br />

ein politischer Terminus, der grunds tzlich auf einer freiwilligen Annahme der demokratischen<br />

Grundlagen Frankreichs und erst in zweiter Linie seiner Sprache und Kultur beruht.<br />

11 Wie schon angesprochen ist in Deutschland bis heute neben dem ethnischen<br />

Nachweis deutscher „Abstammung“ vor allem die Kultur einer der Eckpfeiler des nationalen<br />

Selbstverst ndnisses.<br />

Die Vorstellung von einer deutschen „Nation“ konstituierte sich als philosophisch-idealistische<br />

Utopie des Bildungsb rgertums im 18. Jahrhundert und brachte darin vor allem<br />

Liberalisierungsbestrebungen gegen ber dem Adel zum Ausdruck, der im gleichen Zuge<br />

- wohl auch wegen der Frankophilie seines Lebensstils - als „fremd“ stigmatisiert wurde<br />

(vgl. Richter 1996, 188). Gleichzeitig machte erst der kulturell definierte National-<br />

9 Friedrich Meineke unterschied schon 1908 zwischen Staatsnation und Kulturnation. Heute werden<br />

diese Begriffe noch erg nzt durch die sog. Territorialnationen Afrikas (vgl. Giesen 1993, 17).<br />

10 Richter hat in Anlehnung an L on Poliakov darauf hingewiesen, daß der Nationen-Begriff in der<br />

Franz sischen Revolution nicht rein politisch codiert war, sondern durchaus auch als ein „Rassen-<br />

Streit“ gesehen wurde. Richter paraphrasiert: „Die Angeh rigen der herrschenden Schichten waren<br />

keine Franzosen. Sie geh rten, wie in der zeitgen ssischen Literatur zu lesen war, einer anderen<br />

'race' an, n mlich den aus Germanien stammenden Franken“ (1996, 190 f.) im Gegensatz zu den<br />

„Galliern“.<br />

11 Diese traditionelle Definition ist im Verlauf der j ngsten Wirtschaftskrise und der Abschottungstendenzen<br />

Europas auch nicht mehr sicher, wie Pressemeldungen zeigen, denen zufolge konservative<br />

Parteien seit 1993 an diesem Konsens des franz sischen Staates zu r tteln und nun franz sische<br />

Sprache und Kultur als Ausgrenzungsmechanismus zu installieren versuchen.

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