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Kapitel 2<br />
Gruppe seiner Rezipienten setzte eine gewisse soziale und kulturelle Kompetenz im Umgang<br />
mit Kunst voraus.<br />
Zu den Teilnehmern der Veranstaltungen Domnicks geh rten offensichtlich Menschen,<br />
die Domnick schon kannte bzw. von denen er wußte, daß sie sich f r die abstrakte Malerei<br />
engagierten. Leute, die der abstrakten Kunst kritisch gegen berstanden, waren weder<br />
erw nscht noch eingeladen.<br />
Das Ambiente, in dem die Vortragsreihe Domnicks stattfand, spricht zun hst ohne Ansehen<br />
der ausgestellten Bilder f r sich: Die Ausstellungen fanden in einem Insider-Kreis<br />
in den Praxisr umen des Arztes in großer r umlicher, intimer Enge statt. „Durch offene<br />
T ren G ste. Garderobe im Wartezimmer, das f r zwei Tage umfunktioniert wird. Manche<br />
reisen schon am Freitag an. Privatunterkunft bei Freunden. Manche schlafen auf dem<br />
Untersuchungsdiwan, junge Menschen im Sessel. Man ist mit allem zufrieden. Es gibt<br />
keine Anspr che. St hle werden zu Reihen geordnet. Das Sprechzimmer wird zum H r-<br />
saal. An den W nden rostige N gel, die man aufbiegt, umbiegt, gerade klopft. Denn jetzt<br />
gibt es hier keine Musik - aber Bilder. Bilder voller Musik. Ein 'Zyklus abstrakter Malerei'.“<br />
(1977, 179) Domnick berichtet in seinen Lebenserinnerungen davon, wie gerade die<br />
r umliche Enge, die großen organisatorischen Schwierigkeiten und die Intimit t -<br />
schließlich schlief man auch im Ausstellungsraum - ein Zusammengeh rigkeitsgef hl<br />
schuf. „Es war alles andere als ordentlich organisiert, es war ein dichtes Menschenkn uel<br />
beieinander, das sich mochte, das R cksicht nahm, das sich verstand.“ (181) Dieses Arrangement<br />
kann als Paradebeispiel f r die rituelle Selbstproduktion eines Kollektivs als<br />
Keimzelle und Modell der angestrebten neuen Vergemeinschaftung angesehen werden.<br />
Voraussetzungen hierf r sind eine besonders ritualisierte Atmosph re und die ( nstliche)<br />
Losl sung von der Außenwelt (vgl. Giesen 1993, 42 f.). Zur Erinnerung: Parallel<br />
zu Domnicks Ausstellungsreihe erreichte die Ern hrungskrise in Deutschland einen H -<br />
hepunkt (vgl. Schubert 1986, 52)!<br />
Diese ritualisierte, die Realit t verdr ngende Begegnung mit abstrakter Malerei l ßt sich<br />
auch in Beschreibungen anderer Kunstveranstaltungen wiederfinden: In Die Neue Zeitung<br />
wird am 03. Februar ber die Er ffnung der Ausstellung Extreme Malerei in<br />
Augsburg berichtet: „25 Grad K lte draußen, und drinnen ungeheizt, aber sie waren<br />
sichtlich guter Laune und animiert [...]. Es waren sichtlich arme Irre, denn sie waren zu<br />
diesem Zweck und keinem anderen in eisverschalten berf llten Z en aus M nchen, aus<br />
T bingen, aus Stuttgart, vom Staffelsee und wer weiß woher nach Augsburg gefahren.