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Kapitel 3<br />
Das vorliegende Foto (Abb. 18) scheint ein Paradebeispiel der von O'Doherty aufgestellten<br />
These von der „weißen Zelle“ zu sein: „Etwas von der Heiligkeit der Kirche, etwas<br />
von der Gemessenheit des Gerichtssaales, etwas von dem Geheimnis des Forschungslabors<br />
verbindet sich mit schickem Design zu einem einzigartigen Kultraum der sthetik.“<br />
(O'Doherty 1985, 281) In diesem Raum werde der Kontext zunehmend zum Text, die<br />
Inszenierung zum Inhalt, in „einer merkw rdigen Umkehrung umgreift schließlich das<br />
Kunstwerk in der Galerie die ganze Galerie und ihre Gesetze.“ (282)<br />
Ekkehard Mai hat dargestellt, daß die „Praxis der Ausstellung als riesiges Environment“<br />
(1986, 86) mit einer „s rbar karger, knapper und straffer“ (87) werdenden sthetik<br />
auch typisches Merkmal f r die Entstehungszeit der abstrakten und konstruktiven Kunst<br />
in den 10er Jahren des Jahrhunderts war. Insofern folgt die Inszenierung in Karlsruhe<br />
einer traditionellen Repr sentationsform der ungegenst ndlichen Kunst.<br />
F r die deutschen, fachinteressierten Betrachter war sicherlich der Gegensatz zu der Inszenierung<br />
der Ausstellung „Entartete Kunst“ (Abb. 19), in der die Werke der modernen<br />
Kunst in großer Dichte und anscheinend v llig ungeordnet pr sentiert wurden, am<br />
augenscheinlichsten - und gleichzeitig die N he zu der sakralen Inszenierung der nationalsozialistischen<br />
Großen Deutschen Kunstausstellungen in M nchen (Abb. 20). 53 Wiederum<br />
zeigt sich hier das Verfahren einer Freistellung traditioneller Werte und Praktiken<br />
von der Belastung durch den NS und ihre unkommentierte und unreflektierte erneute<br />
Anwendung.<br />
Der Raum und die Inszenierung der Kunstwerke werden in Karlsruhe zum Kommentar<br />
und zur Handlungsanleitung. Die Fotografie zeigt einen menschenleeren Raum. Zwar<br />
laden die B nke in der Mitte zum Verweilen ein, aber der einzelne Besucher wird sich<br />
immer von Angesicht zu Angesicht mit den Bildern wiederfinden, niemals einem zweiten<br />
Besucher zugewandt, mit dem er sich austauschen k nnte. Die Betrachtung der Kunst<br />
wird zum kontemplativen Kultus, dem man auf sich allein gestellt in den musealen,<br />
Ehrfurcht gebietenden R umen der hohen Kultur nachgeht.<br />
Im Gegensatz zu dem Ausstellungszyklus Domnicks werden die Bilder hier der ffentlichkeit<br />
zur Diskussion gestellt - wobei man gleichzeitig bei dieser ffentlichkeit auf eine<br />
Vielzahl vereinzelter Individuen zielt. Es geht nicht mehr um die Produktion eines Zu-<br />
Wechselausstellungen vorgesehen!) inszeniert. In Karlsruhe scheint dieses Konzept ungepr ft auf<br />
eine tempor re Wanderausstellun bertragen worden zu sein.<br />
53 Zur Geschichte der Kunstausstellung im 20. Jahrhundert in Deutschland und zur Ausstellungsinszenierung<br />
vgl. Stationen der Moderne 1988, O'Doherty 1985 und Mai 1986.