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Mit abstrakter Kunst auf dem Weg zur ck in die Zivilisation 125<br />
Leben steht: Allein der „geistige Fortschritt“, ablesbar an dem Bekenntnis zur ungegenst<br />
ndlichen Kunst, berechtige dazu, auch am zivilisatorischen Fortschritt teilzuhaben.<br />
Ihre Drohung lautet: Ohne ein Bekenntnis zur ungegenst ndlichen Malerei keine Verbesserung<br />
der Lebensverh ltnisse! Diese Texte lesen sich wie eine Parallele zu Rebays<br />
Care-Paket-Aktionen; Kunstpamphlete werden durch Lebensmittel und K nstlerbedarf<br />
„schmackhafter“ gemacht, und ebenso wird hier die ungegenst ndliche Kunst durch das<br />
Versprechen eines durchaus auch wirtschaftlich verstandenen „Aufschwungs“ (1948, 14)<br />
untermauert.<br />
Die Beschreibung des Neubauprojektes des Museum of Non-Objective Painting<br />
(Guggenheim-Museum) in New York von W. Wartmann im unmittelbaren Anschluß an<br />
Rebays Aufsatz liest sich wie eine weitere Unterst tzung ihrer Aussagen. Schon die<br />
ersten S tze des zweiseitigen Essays unterstreichen, wie man es sich vorzustellen hat,<br />
wenn sich eine Nation des geistigen Fortschritts w rdig erweist: „Versenkt der<br />
Konzertsaal, luftreguliert und gegen ußere Ger usche abgedichtet, mit regulierbarer<br />
Deckenmembran. Auf Erdgeschoßh he die kreisrunde B hne f r Vortr ge, Filme,<br />
T nze, theatralische und andere Vorf hrungen, mit zweigeschossigem Zuschauerraum<br />
f r 400-500 Personen. Dar ber die nach innen ge ffnete Galerierampe, die unter weit<br />
gespannter Glaskuppel spiralig in langsamer Steigung sich erhebt. Dahinter der Turm mit<br />
den Personenaufz en, die alle Treppen ersetzen. S mtliche R ume air-conditioned, d. h.<br />
mit automatischer Regelung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit versehen.“ (Wartmann<br />
1948, 15; vgl. auch Wright 1948) Gr er kann man sich den Kontrast zu den beengten,<br />
improvisierten Wohnverh ltnissen in den noch immer weitgehend zerst rten St dten<br />
Deutschlands kaum vorstellen. Der Eindruck, den solche Beschreibungen auf ein<br />
deutsches Publikum machten, darf nicht untersch tzt werden. Zusammenfassend aber<br />
betont Wartmann, daß die Realisierung eines solchen Projekts, ein „Ergebnis von<br />
ußeren und von innen her sich stellender Bedingungen“ (15 f.), als Symbol Amerikas zu<br />
verstehen sei.<br />
Damit wird ein weiterer Diskurs angesprochen, der sich auch durch Rebays Ausf hrungen<br />
ber die ungegenst ndliche Kunst und den „geistigen Fortschritt“ zieht: „Fortschritt“<br />
als Begriff aus dem Bereich der „Zivilisation“ wird unter deutschen Intellektuellen seit<br />
Ende des 19. Jahrhunderts als Gegensatz von „Kultur“ verstanden.<br />
Am prominentesten ist vermutlich die vergleichende Darstellung dieser Dichotomie von<br />
Norbert Elias aus dem Jahr 1936: „Hier, im deutschen Sprachgebrauch, bedeutet 'Zivilisation'<br />
wohl etwas ganz N tzliches, aber doch nur einen Wert zweiten Ranges, n mlich