Sektoruntersuchung Stromerzeugung ... - Bundeskartellamt
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<strong>Sektoruntersuchung</strong> <strong>Stromerzeugung</strong>/Stromgroßhandel (B10-9/09) Bericht ● Januar 2011<br />
• Zweitens werden reine Handelsgeschäfte mit Elektrizität, die sich alleine auf die Weiterverwertung<br />
von Stromabsatzrechten beziehen, innerhalb des Erstabsatzmarktes für Strom nicht<br />
berücksichtigt. Bei Einbeziehung dieser Mengen würde ansonsten auch eine Mehrfachzählung<br />
der Strommengen erfolgen, denn Strommengen werden oft mehrfach innerhalb eines<br />
Zeitabschnitts gehandelt.<br />
Mit dieser Reduzierung der Anbieterstruktur löst man sich teilweise vom Bedarfsmarktkonzept, denn<br />
für den Nachfrager ist die Herkunft der gelieferten Elektrizität vom Erzeuger oder vom Händler bzw.<br />
Weiterverteiler aufgrund der Homogenität dieses Produktes prinzipiell irrelevant. 85 Gleichwohl ist<br />
diese Vorgehensweise mit den Grundsätzen kartellrechtlicher Marktabgrenzung vereinbar, wonach<br />
mit der Marktabgrenzung diejenigen Wettbewerbskräfte zu ermitteln sind, denen sich die<br />
Unternehmen zu stellen haben. Dies gebietet im Zusammenhang mit der Abgrenzung der<br />
Elektrizitätsmärkte eine Herausnahme reiner Handelsgeschäfte. Die auf der Erzeugungsebene<br />
produzierte Elektrizität muss zwecks Erhaltung der Netzstabilität zu jedem Zeitpunkt – abgesehen von<br />
systembedingten Verlusten – identisch mit den auf der Endkundenstufe in der Summe nachgefragten<br />
Elektrizitätsmengen sein. Die Möglichkeiten zur Speicherung elektrischer Energie, etwa über<br />
Pumpspeicherkraftwerke, sind derzeit sehr begrenzt. 86 Die Steuerung der an Letztverbraucher<br />
gelieferten Elektrizitätsmenge erfolgt deshalb im Wesentlichen über die entsprechende Steuerung der<br />
Erzeugungsmenge durch Zu- und Abschalten von Kraftwerken auf der Erzeugungsstufe. Der Markt<br />
für den Erstabsatz von Elektrizität spiegelt somit die tatsächlich aktiven Wettbewerbskräfte auf der<br />
Erzeugerstufe wieder.<br />
Der Bundesgerichtshof hat diese Vorgehensweise bei der Marktabgrenzung im Verfahren E.ON /<br />
Eschwege gebilligt. 87 Mit Verweis auf seine „Staubsaugerbeutelmarkt“-Entscheidung stellte das<br />
Gericht erneut fest, dass eine Marktabgrenzung fehlerhaft ist, wenn sie dazu führt, dass Erzeuger und<br />
Weiterverkäufer auf eine Handelsstufe gestellt werden, obwohl die gesamte gehandelte Ware von<br />
den Erzeugern in den Verkehr gebracht worden ist (BGHZ 160, 321, 325 f.). Er führte insoweit aus,<br />
dass es bei der Marktabgrenzung zu Mehrfachzählungen komme, wenn der Erstabsatz von Strom<br />
und dessen Weiterverteilung auf eine Stufe gestellt würden. Dies bilde die Wettbewerbskräfte nicht<br />
korrekt ab, da die Menge des insgesamt in Deutschland handelbaren Stroms durch die<br />
stromerzeugenden und -importierenden Unternehmen, vor allem die vier Verbundunternehmen E.ON,<br />
RWE, Vattenfall und EnBW, vorgegeben werde. Insoweit führt der Bundesgerichtshof weiter aus:<br />
„Zwar mag Strom über die Leipziger Energiebörse (EEX) oder "over the counter"<br />
(OTC) leicht zu beschaffen sein. Es handelt sich dabei aber - soweit die gekauften<br />
85 Vgl. Gleave, Die Marktabgrenzung in der Elektrizitätswirtschaft, ZfE 2008, S. 120, 122.<br />
86 Vgl. Gleave, Die Marktabgrenzung in der Elektrizitätswirtschaft, ZfE 2008, S. 120, 121 m. w. Nachw.<br />
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