Sektoruntersuchung Stromerzeugung ... - Bundeskartellamt
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<strong>Sektoruntersuchung</strong> <strong>Stromerzeugung</strong>/Stromgroßhandel (B10-9/09) Bericht ● Januar 2011<br />
Netzeigentums angesichts der fortschreitenden Regulierung der Netze für die wettbewerbliche<br />
Beurteilung der Verhältnisse auf dem Erstabsatzmarkt an Bedeutung verloren. In der<br />
Gesamtbetrachtung ist auch nach der Veräußerung der Thüga sowie des Übertragungsnetzes von<br />
einem hohen Grad vertikaler Integration beider Unternehmen auszugehen.<br />
4. Einzelmarktbeherrschung durch mehrere Unternehmen?<br />
a) Rechtliche Grundlagen<br />
Im Rahmen einer weitergehenden Analyse der Marktverhältnisse stellt sich freilich die Frage, ob –<br />
trotz Marktanteilen von unter 40 % 127 – wegen der Besonderheiten des Produktes Strom die vier<br />
großen Erzeugungsunternehmen nicht sogar als jeweils individuell marktbeherrschend angesehen<br />
werden müssen. Dass im Einzelfall auch mehrere Unternehmen individuell marktbeherrschend sein<br />
können, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt 128 : Haben mehrere<br />
Unternehmen neben- oder unabhängig voneinander die Möglichkeit, wirksamen Wettbewerb auf<br />
einem Markt zu verhindern, so ist jedes von ihnen als im Sinne von § 19 GWB, Art. 102 AEUV<br />
marktbeherrschend anzusehen. 129<br />
Mit der beherrschenden Stellung ist die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint,<br />
die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem<br />
relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern,<br />
seinen Abnehmern und schließlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang<br />
unabhängig zu verhalten. Diese Unabhängigkeit steht in direktem Verhältnis zur Intensität des<br />
Wettbewerbsdrucks, der auf das marktbeherrschende Unternehmen ausgeübt wird.<br />
Marktbeherrschung ist ein Zeichen dafür, dass dieser Wettbewerbsdruck nicht ausreichend wirksam<br />
ist, so dass das marktbeherrschende Unternehmen über einen bestimmten Zeitraum über erhebliche<br />
Marktmacht verfügt. 130 In Fällen potentiellen Ausbeutungsmissbrauchs kommt es dabei<br />
ausschlaggebend auf die Abhängigkeit der Abnehmer an. Dabei ist nicht auf die Abhängigkeit eines<br />
einzelnen Kunden, sondern der Kunden auf dem betroffenen Markt generell abzustellen. 131 Im Sinne<br />
der Rechtsprechung zur Marktbeherrschung ist ein Unternehmen insbesondere dann von seinen<br />
Abnehmern und den Verbrauchern unabhängig, wenn es als „unvermeidlicher Handelspartner“<br />
(unavoidable trading partner, partenaire obligatoire) anzusehen ist:<br />
126<br />
Vgl. <strong>Bundeskartellamt</strong>, Beschluss vom 30.11.2009, Az. B8-107/09, Integra/Thüga, S. 20.<br />
127<br />
Vgl. dazu Europäische Kommission, Prioritätenpapier, Art. 82, Rn. 14.<br />
128<br />
Vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3.3.2009, Az. KZR 82/07, Reisestellenkarte, Beschlussausfertigung<br />
S. 13.<br />
129<br />
Vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3.3.2009, Az. KZR 82/07, Reisestellenkarte, Beschlussausfertigung<br />
S. 13, vgl. auch Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 6.4.1995, Rs. C-241/91 und C-242/91, Magill.<br />
130<br />
Vgl. Europäische Kommission, Prioritätenpapier, Art. 82, Rn. 10.<br />
131<br />
Vgl. Wessely, Normadressaten Art. 82 EG, in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Rn. 86.<br />
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