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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Demokrits Seelenmodell und die Pr<strong>in</strong>zipien der atomistischen Physik 141<br />

Realisierung der verschiedenen aus dem Se<strong>in</strong> hervorgehenden Phänomene<br />

zu beobachten war. Aber auch <strong>in</strong> weiteren Aspekten lassen sich<br />

zwischen den ontologischen Pr<strong>in</strong>zipien und dem Verhältnis von Seele<br />

und Leib zue<strong>in</strong><strong>and</strong>er Parallelen ziehen. Wie im Bereich der Ontologie<br />

zwischen dem Vollen und dem Leeren ke<strong>in</strong> Unterschied <strong>in</strong> der Seiendheit<br />

besteht, <strong>in</strong>sofern „das Nichts um nichts weniger seiend ist als das<br />

Ichts“ 93 , so ist auch zwischen Leib und Seele ke<strong>in</strong>e Differenz der Seiendheit<br />

noch e<strong>in</strong> wesensmäßiger Dualismus gegeben. Die Unterschiede<br />

liegen jeweils <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er graduellen Differenzierung der Funktion begründet.<br />

Diese ist im ontologischen Bereich zwischen dem Vollen und<br />

dem Leeren dar<strong>in</strong> gegeben, dass das Volle im Unterschied zum Leeren<br />

vielfältig differenziert ist, weswegen ihm die Fähigkeit zu unendlicher<br />

Gestaltbildung zukommt, während das Leere die Möglichkeit für die<br />

Verwirklichung von Bewegung und Gestaltbildung darbietet. Entsprechend<br />

kommt im psycho-physischen Bereich der Seele aufgrund ihrer<br />

beständigen Bewegtheit die Fähigkeit zu Bewegungsübertragung und<br />

Gestaltung zu, der Leib h<strong>in</strong>gegen stellt mit se<strong>in</strong>er Körperlichkeit die<br />

Möglichkeit dar, diese bewegenden und gestaltenden Impulse zu verwirklichen.<br />

Damit ergibt sich <strong>in</strong> beiden Fällen e<strong>in</strong> Superioritätsverhältnis<br />

des Wirkfaktors gegenüber dem Möglichkeitsfaktor, das im Falle<br />

von Seele und Leib genauer zu bestimmen ist: Die Seele ist dem Leib<br />

übergeordnet, <strong>in</strong>sofern sie die h<strong>and</strong>lungsbestimmende Leitfunktion<br />

ausübt. Daher steht sie dem Leib gegenüber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verantwortungsverhältnis,<br />

gerade was die Möglichkeit zu gutem wie zu schlechtem<br />

Gebrauch anbelangt. Diese Verantwortung aber für den Körper<br />

und den Menschen im Ganzen macht ihr alle<strong>in</strong> den guten Gebrauch zur<br />

Pflicht. 94 Die zunächst re<strong>in</strong> physikalische Relation von Seele und<br />

Körper gew<strong>in</strong>nt für Demokrit <strong>in</strong> aller Selbstverständlichkeit e<strong>in</strong>e ethische<br />

Dimension.<br />

Das reziproke Funktionsverhältnis allerd<strong>in</strong>gs bewirkt auch, dass<br />

Missbrauch des Körpers durch die Seele letzten Endes auf sie selbst <strong>in</strong><br />

nachteiliger Weise zurückfällt, dann nämlich, wenn, wie im vorliegenden<br />

Fall beschrieben, die Verb<strong>in</strong>dungen zwischen den Körperatomen<br />

so weit gelockert und destabilisiert s<strong>in</strong>d, dass der Körper selbst<br />

nicht mehr die ihm von der Seele zugedachten Funktionen erfüllen<br />

93 DK 68 B 156; vgl. auch A 37; A 49.<br />

94 Vgl. auch Vlastos 1945, 579: „The first axiom of this logos of the soul is the<br />

ethical corollary of a proposition established <strong>in</strong> the physics, that the soul moves<br />

the body: soul, not body, is the responsible agent“.

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