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Body and Soul in Ancient Philosophy

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194<br />

Gyburg Radke-Uhlmann<br />

reden hört. 25 Das ist die energeia des Dialogs Phaidon: die Freude an der<br />

Er<strong>in</strong>nerung an den Protophilosophen Sokrates. Auch die Erzählung von<br />

der Todesstunde ruft diese Freude hervor. Es ist also <strong>and</strong>ers als beim<br />

Erleben der H<strong>in</strong>richtung selbst. Während dort alle Anwesenden e<strong>in</strong>e<br />

merkwürdige Mischung aus Lust und Unlust verspürten, ist die Er<strong>in</strong>nerung<br />

bereits re<strong>in</strong>e Freude, re<strong>in</strong>e Lust. Es ist e<strong>in</strong>e philosophische<br />

Freude, die der Nachvollzug des philosophischen bios des Sokrates erweckt.<br />

So wie die Freunde des Sokrates so präsentiert also auch der Dialog<br />

Phaidon noch nicht oder nicht nur das Ergebnis der Re<strong>in</strong>igung der<br />

Seele, sondern den Vollzug der Re<strong>in</strong>igung, und das heißt, dass die<br />

Protagonisten des Dialogs <strong>in</strong> ihren Gesprächen noch die Mischung aus<br />

Körperbezogenem und Seelischem, aus mit Unlust gemischter Lust und<br />

re<strong>in</strong>er philosophischer Lust darstellen, und dass <strong>in</strong> diesen Gesprächen<br />

e<strong>in</strong>e Entwicklung vorgestellt wird: von e<strong>in</strong>er stärkeren Konzentration<br />

auf das Körperliche h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er immer konsequenteren und re<strong>in</strong>eren<br />

Betrachtung der eigentümlichen Natur des Seelischen.<br />

5. Die Sche<strong>in</strong>tugenden und die wahren Philosophen<br />

Doch während des Vollzugs des Dialogs, den Phaidon er<strong>in</strong>nernd erzählt,<br />

dom<strong>in</strong>iert die gemischte Empf<strong>in</strong>dung der Freunde. Der Phaidon ist<br />

daher e<strong>in</strong> Dialog, der zeigt, wie Sokrates’ Schüler unter dessen Leitung<br />

auf dem Weg s<strong>in</strong>d zu e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en, wahren philosophischen Haltung.<br />

„Sche<strong>in</strong>t es dir nicht, dass sich die ganze Tätigkeit e<strong>in</strong>es solchen<br />

überhaupt [sc. des Philosophen] nicht auf den Körper bezieht, sondern<br />

dass er sich, soweit er es vermag, von diesem abwendet und der Seele<br />

zuwendet. – Das sche<strong>in</strong>t mir.“ 26<br />

Die pragmateia des Philosophen vollzieht schrittweise die immer<br />

konsequentere Ausrichtung auf das Seelische: Denn sie erkennt den<br />

Mangel an Re<strong>in</strong>heit bei den s<strong>in</strong>nlichen Lüsten und die Beh<strong>in</strong>derung<br />

beim Erkennen, die der Philosoph durch die Fixierung auf das Körperliche<br />

erfährt. 27<br />

Und wird nicht eben das die Re<strong>in</strong>igung ( j\haqsir) se<strong>in</strong>, was schon früher<br />

<strong>in</strong> unserer Rede gesagt wurde, die Seele soweit wie möglich von dem<br />

25 Phd. 58d5 f.<br />

26 Phd. 64e3–7.<br />

27 Phd. 64c8 –65d2.

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