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Body and Soul in Ancient Philosophy

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62<br />

Christian Schäfer<br />

(wohl aber umgekehrt), da e<strong>in</strong>e unendliche Kumulierung von Endlichkeiten<br />

doch niemals Unendlichkeit ergeben kann (vgl. Descartes,<br />

Meditationes III 24). Außerdem, und jetzt eher anthropologisch betrachtet:<br />

Der Gedanke der Unsterblichkeit der Seele beruht auf denselben<br />

Annahmevoraussetzungen wie der Gedanke der Seelenw<strong>and</strong>erung:<br />

erstens auf der Tatsache, daß die Seele nicht nur, wie jede Seele,<br />

als Struktur e<strong>in</strong>es organischen Körpers diesem Körper se<strong>in</strong>e Identität<br />

sichert. Sondern die Identität der Seele steht, als Identität des Erlebens,<br />

zweitens selbst außerhalb e<strong>in</strong>es maßgeblichen Def<strong>in</strong>itionszusammenhangs<br />

mit materiellen Vorgängen. 34 Seelenw<strong>and</strong>erung kann dann sehr<br />

wohl, und tatsächlich besser als umgekehrt, als Konsequenz des Unsterblichkeitsgedankens<br />

auftreten und aufgefasst werden. Und das bis<br />

h<strong>in</strong> zur Annahme, dass die Pal<strong>in</strong>genesielehre als e<strong>in</strong>e Form von sukzessivem<br />

Pantheismus angesehen werden kann, als e<strong>in</strong>e Art Gnade der<br />

Ewigkeit, die das Se<strong>in</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gesamtheit secundum modum recipientis <strong>in</strong><br />

Abfolgen mitteilt, die wir als Zeit wahrnehmen. Jorge Luis Borges hat <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er veröffentlichten Vorlesungen an der Universidad de Belgrano<br />

Parallelen gezogen zu Platons poetischer Metapher, die Zeit sei e<strong>in</strong><br />

bewegliches Abbild der Ewigkeit (Timaios 37d), und vorgeschlagen, zur<br />

Erklärung – oder Plausibilisierung – der Seelenw<strong>and</strong>erung die Pal<strong>in</strong>genesie<br />

als e<strong>in</strong> bewegliches, nämlich <strong>in</strong> W<strong>and</strong>erung begriffenes, Abbild<br />

der Unsterblichkeit anzusehen. 35<br />

Ich schließe mich <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne als Grundlage für das Nachfolgende<br />

also zunächst e<strong>in</strong>mal der prägnanten Zusammenfassung Wilhelm<br />

Bauers an, der ebenfalls die Seelenw<strong>and</strong>erungslehre als e<strong>in</strong>e Spielart der<br />

Umsetzung e<strong>in</strong>er Annahme der Unsterblichkeit der Seele ansieht:<br />

Die Idee der ,Unsterblichkeit‘ ist religiösen Ursprungs. Sie entstammt dem<br />

Dionysoskult und bedeutete eigentlich, dass die Seele des Menschen, ihrer<br />

göttlichen Natur entsprechend, das Vorrecht der Götter mitgenieße, niemals<br />

zu altern. 36<br />

Das folgt auch der maßgeblichen Lehrdarstellung bei Porphyrios: Erstens<br />

(pq_tom) nennt dieser unter den pythagoreischen Grundlehren,<br />

dass die Seele unsterblich sei (!¢\matom eWmai tµm xuw^m), und zweitens<br />

oder danach oder demzufolge (eWta entweder im enumerativen oder im<br />

34 Die Festlegung dieser Annahmevoraussetzungen folgt der bereits oben <strong>in</strong><br />

Anm. 31 zitierten Formulierung bei Spaemann 1996, 170.<br />

35 Borges 1995, 115 – 116.<br />

36 Bauer 1976, 159.

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