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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Aristoteles’ Zirbeldrüse? 325<br />

e<strong>in</strong>es bestimmten Zwecks: unmittelbar nämlich zur Verwirklichung der<br />

Ortsbewegung, mittelbar zur Form-Realisierung, für die die Ortsbewegung<br />

ihrerseits e<strong>in</strong> Mittel ist.<br />

Versuchen wir das Verhältnis von Seele und pneuma für den Fall der<br />

Ortsbewegung noch etwas besser zu bestimmen. Wie bewerkstelligt es<br />

die Seele, dass es zur quantitativen Veränderung des pneuma kommt, die<br />

der Körper- und Ortsbewegung vorausgeht? In e<strong>in</strong>em cartesischen<br />

Modell stellte sich – jedenfalls nach traditioneller Descartes-Interpretation<br />

– <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die Frage, wie der Geist (oder die<br />

Seele) vermittelt über die Zirbeldrüse auf den Körper wirken kann bzw.<br />

wie der Geist überhaupt erst auf die Zirbeldrüse wirken kann.<br />

Tatsächlich ist dies nun aber nicht Aristoteles’ Problem: das Problem<br />

ist nicht, wie die Seele oder wie die Form auf den Körper oder auf die<br />

Materie wirkt. Wir würden auch im Fall e<strong>in</strong>es Artefakts die Aufgabe<br />

e<strong>in</strong>er Erläuterung des Hylemorphismus nicht dar<strong>in</strong> sehen, das Verhältnis<br />

zwischen Form und Materie als e<strong>in</strong> Verhältnis von wirkender Form und<br />

Materie, der Wirkung von der Form widerfährt, zu bestimmen.<br />

Das Problem besteht vielmehr dar<strong>in</strong>, dass im Fall des Lebewesens die<br />

Form sich selbst realisiert oder sich selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong> solches Verhältnis zur<br />

Materie setzt, <strong>in</strong> dem sie bestmöglich realisiert ist. Das Problem besteht<br />

nicht im Form-Materie-Verhältnis, sondern <strong>in</strong> der Form als sich selbst<br />

realisierender Form. Entsprechend besteht für die Erläuterung der Bewegung<br />

von Lebewesen das Problem nicht im Seele-pneuma-Verhältnis,<br />

sondern <strong>in</strong> der Seele als sich selbst (im pneuma oder <strong>and</strong>erem Material)<br />

realisierender Form. Dieses Problem ist ke<strong>in</strong> pneuma-spezifisches Problem<br />

und vermutlich nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> hylemorphismus-spezifisches<br />

Problem, sondern e<strong>in</strong> Problem mit Blick auf die sich selbst realisierende<br />

Form.<br />

Doch wiewohl das Hauptproblem das Problem der Selbstrealisierung<br />

ist, bleibt die Frage, wie es denn, wenn die Seele sich selbst aktualisiert,<br />

zu e<strong>in</strong>er quantitativen Veränderung auf Seiten des Materials<br />

kommt, das dieser Aktualisierung dient? Vielleicht können wir uns dies<br />

wie folgt vorstellen: Es ist nicht so, dass die Seele selbst Veränderung<br />

,hervorbr<strong>in</strong>gt‘, sondern so, dass sie Veränderung ,erlaubt‘ und ,lenkt‘.<br />

Die Seele ist e<strong>in</strong>e – auf die e<strong>in</strong>e oder <strong>and</strong>ere Weise – <strong>in</strong> Materie realisierte<br />

Form. Diese <strong>in</strong> Materie realisierte Form ,will‘ sich so weit und so<br />

lange wie möglich realisieren, und zwar <strong>in</strong> der ganzen Hierarchie und<br />

Relation von Strukturen, die <strong>in</strong> ihr als Form enthalten s<strong>in</strong>d. Das Erlauben<br />

oder Lenken hat wiederum mit dem Selbstverhältnis der Seele als

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