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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Ursula Wolf<br />

Wunsch, das kalon zu realisieren. 21 H<strong>in</strong>gegen ist es, würde Aristoteles<br />

sagen, für den Menschen möglich, sich die Lust nach Süßigkeiten abzugewöhnen.<br />

Diese Argumentation ist nicht besonders überzeugend.<br />

Affekte und Begierden gehören nach Aristoteles zu unserer natürlichen<br />

Ausstattung und s<strong>in</strong>d als solche nicht tadelnswert (EN 1105b29 f.). Die<br />

Frage ist vielmehr, wie man sich zu ihnen verhält. Die aretÞ liegt dort<br />

vor, wo jem<strong>and</strong> sich nach der Überlegung richten kann, wo er e<strong>in</strong>e<br />

Überlegungsdistanz zu ihnen hat. Und das trifft auf den Beherrschten<br />

zu. Dann sche<strong>in</strong>t aber die Beherrschtheit <strong>in</strong> der Struktur nicht wirklich<br />

unterschieden von der Mäßigkeit zu se<strong>in</strong>. 22<br />

Vielleicht könnte man Aristoteles auf folgende Weise ergänzen. Der<br />

Beherrschte könnte jem<strong>and</strong> se<strong>in</strong>, der wie der Arzt oder Heerführer e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Stellung im Staat hat und das damit verbundene telos für e<strong>in</strong><br />

Gut hält, über das er Mittel-Zweck-Überlegungen anstellt. 23 Um solche<br />

langfristigen Aufgaben zu erfüllen, braucht er die Fähigkeit, unmittelbare<br />

s<strong>in</strong>nliche Lust und Unlust zu kontrollieren. Solange er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Aufgabe nur e<strong>in</strong> partielles Gut sieht, 24 das er vielleicht auf Anordnung<br />

<strong>and</strong>erer ausführt, und nicht e<strong>in</strong>e Weise, das Gut überhaupt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Leben im Ganzen zu realisieren, 25 wird sich se<strong>in</strong> Leben dar<strong>in</strong> nicht<br />

vollständig erfüllen und die s<strong>in</strong>nliche Lust entsprechend e<strong>in</strong>en gewissen<br />

Wert für ihn behalten. Dasselbe gilt für jem<strong>and</strong>en, der e<strong>in</strong> <strong>and</strong>eres<br />

Lebensziel hat als die eupraxia, z.B. Reichtum oder Ruhm. Auch die<br />

Realisierung dieser Ziele erfordert phronÞsis im S<strong>in</strong>n von pronoia und<br />

daher e<strong>in</strong>e Kontrolle der Begierden. Aber es h<strong>and</strong>elt sich um Ziele, die<br />

der H<strong>and</strong>lung äußerlich und nicht wie die um ihrer selbst willen gewünschten<br />

H<strong>and</strong>lungen der eupraxia <strong>in</strong> sich erfreulich s<strong>in</strong>d; 26 daher ist<br />

21 Dass hier der Unterschied zwischen aretÞ und enkrateia zusammenbricht, vertritt<br />

Hursthouse 2001, 96.<br />

22 In der Politik nennt Aristoteles selbst wenn nicht die enkrateia, so doch die<br />

karteria auf e<strong>in</strong>er Ebene mit der <strong>and</strong>reia. Beide, so erläutert er dort, seien Tugenden<br />

der Notwendigkeit, d. h. unter Umständen des Kriegs, die man eigentlich<br />

nicht wünscht und beseitigen will, erforderlich, würden aber <strong>in</strong> der<br />

Zeit der Muße überflüssig (1334a22).<br />

23 Im S<strong>in</strong>n von EE 1227a18 ff.<br />

24 Vgl. Kenny 1979, 79.<br />

25 Er tut dann das im Staatsganzen Richtige, ohne aber, wie Price 1995, 132 sagt,<br />

den vollständigen Wert der richtigen Option zu erfassen. Siehe dazu auch die<br />

Gegenüberstellung von ,Überlegen‘ kata meros und ,Überlegen‘ pros to eu zÞn<br />

holôs <strong>in</strong> EN 1140a27 f.<br />

26 Diese Eigenart des guten H<strong>and</strong>elns betonen (auch im Kontext der kakia) Irw<strong>in</strong><br />

2001, 85 und Sherman 1989, 116.

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