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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Körper und Geist bei Aristoteles – zum Problem des Funktionalismus 253<br />

Selbst wenn wir den vierten Beweis Platons an dieser Stelle nicht<br />

näher untersuchen, glaube ich doch, dass der starre Dualismus Leib-<br />

Seele für Platon h<strong>in</strong>reichend dokumentiert ist. Die an sich <strong>in</strong>teressante<br />

und historisch auch folgenreiche Dreiteilung der Seele <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Zentrum<br />

des Begehrens, des Wollens und des Denkens, die Platon <strong>in</strong> späteren<br />

Dialogen (vor allem im Staat) vorgenommen hat, ändert an diesem<br />

Dualismus zwischen Leib und Seele nichts. Immerh<strong>in</strong> dürfte diese<br />

Dreiteilung Aristoteles zu se<strong>in</strong>er eigenen, freilich ganz <strong>and</strong>ers orientierten<br />

Dreiteilung der Seelenfunktionen angeregt haben, die se<strong>in</strong>er Lehre<br />

von Pflanzen-, Tier- und Menschenseelen zugrunde liegt. Nebenbei<br />

möchte ich erwähnen, dass e<strong>in</strong>e solche Dreiteilung der seelischen<br />

Faktoren auch <strong>in</strong> der neuzeitlichen Psychologie, <strong>in</strong> der Dreiheit von<br />

Denken, Fühlen und Wollen lange Zeit vorgeherrscht hat, und dass<br />

wohl auch Sigmund Freuds Seelenmodell mit der Dreiteilung <strong>in</strong> „Es“,<br />

„Ich“ und „Über-Ich“ von Platons Dreiteilung der Seele bee<strong>in</strong>flusst<br />

se<strong>in</strong> dürfte. 4<br />

Aristoteles hat vermutlich längere Zeit an der platonischen Körper-<br />

Seele-Polarität festgehalten, die zwei Substanzen e<strong>in</strong><strong>and</strong>er fast fe<strong>in</strong>dlich<br />

gegenüberstellt, die nur kont<strong>in</strong>gent mite<strong>in</strong><strong>and</strong>er verbunden zu se<strong>in</strong><br />

sche<strong>in</strong>en. Dafür könnte man Fragmente se<strong>in</strong>es Dialogs Eudemos anführen,<br />

der um 354 v. Chr. entst<strong>and</strong>en se<strong>in</strong> dürfte, als Aristoteles etwa<br />

dreißig Jahre alt war. Es ist jedoch unsicher, ob die <strong>in</strong> solchen populäreren<br />

Schriften von Aristoteles vorgetragenen Ansichten als se<strong>in</strong>e eigentlichen<br />

Lehrme<strong>in</strong>ungen <strong>in</strong> Anspruch genommen werden können.<br />

Jedenfalls begegnen wir <strong>in</strong> der Hauptschrift zur Seelenlehre, der Schrift<br />

Peri psychÞs (lat. De anima), die etwa zwanzig Jahre später geschrieben<br />

se<strong>in</strong> dürfte, e<strong>in</strong>er radikal veränderten Position, e<strong>in</strong>em neuen ,Paradigma‘,<br />

wie man, freilich etwas modisch, sagen könnte.<br />

Um des Aristoteles Auffassung von der Seele zu verstehen, ist es<br />

wichtig, sich folgendes bewusst zu machen: Aristoteles versteht unter<br />

,psychÞ‘ – wie alle Griechen – zunächst genau das, was lebende D<strong>in</strong>ge<br />

von unbelebten unterscheidet. Auch Pflanzen haben für ihn teil an der<br />

psychÞ. Sie haben die Fähigkeit zur Selbsternährung und Fortpflanzung,<br />

die nichtbelebte Gegenstände nicht besitzen. Bewusstse<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong> Aspekt,<br />

den e<strong>in</strong>ige Lebewesen zusätzlich haben und der ebenfalls <strong>in</strong> der Beschreibung<br />

ihrer psychÞ berücksichtigt werden muss.<br />

Es gibt für Aristoteles e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierlich aufsteigende Skala von<br />

aufsteigenden Naturformen: Pflanzen wachsen, reifen und welken,<br />

4 Näheres dazu <strong>in</strong> Patzig 1982, Bd. 18, 37–49.

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