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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Therese Fuhrer<br />

3. Die Konstruktion von Prämissen<br />

3.1. Die B<strong>in</strong>dung der Seele an den Körper (22,4)<br />

Buch 22 beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>em Ausblick auf das Schicksal der Menschen <strong>in</strong><br />

der civitas dei, die gemäß dem Willen des allmächtigen Gottes im Leib<br />

auferstehen und im „neuen Himmel“ und auf der „neuen Erde“ ewig<br />

leben werden; die Aussagen werden mit Verweisen auf die Propheten<br />

Jesaja und Daniel belegt (22,3). 16 August<strong>in</strong> begnügt sich jedoch nicht<br />

mit dem Rekurs auf die biblische Autorität (vis tantae auctoritatis), sondern<br />

wendet sich <strong>in</strong> Kap. 4 den Argumenten der Philosophen (hom<strong>in</strong>es<br />

docti et sapientes) zu. Diese würden sich gegen die Auferstehung der<br />

Körper aussprechen, da es wider die Natur wäre (neque enim natura<br />

pateretur), wenn irdische Körper nicht auf der Erde blieben. 17 Als Beleg<br />

wird e<strong>in</strong> Zitat aus Cicero rep. 3,28 angeführt, wo von der Apotheose des<br />

Hercules und des Romulus die Rede ist, deren Körper nicht „<strong>in</strong> den<br />

Himmel“, also <strong>in</strong> die überirdische (supralunare) Sphäre, gelangt seien. In<br />

der philosophischen Argumentation gilt also – nach August<strong>in</strong>s Darstellung<br />

– das Axiom, dass nur der Geist, nicht aber der menschliche<br />

Körper <strong>in</strong> überirdische Sphären gelangen kann.<br />

Dieses Axiom gilt es im Folgenden zu widerlegen. In e<strong>in</strong>em ersten<br />

Schritt führt August<strong>in</strong> e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Gedankenexperiment durch (22,4, p.<br />

557,28 – 558,7):<br />

si enim animae tantummodo essemus, id est s<strong>in</strong>e ullo corpore spiritus, et <strong>in</strong> caelo<br />

habitantes terrena animalia nesciremus nobisque futurum esse diceretur, ut terrenis<br />

corporibus anim<strong>and</strong>is quodam v<strong>in</strong>culo mirabili necteremur: [I] nonne multo fortius<br />

argumentaremur id credere recusantes et diceremus naturam non pati, ut res <strong>in</strong>corporea<br />

ligamento corporeo v<strong>in</strong>ciretur? et tamen plena est terra vegetantibus animis haec<br />

membra terrena, miro sibi modo conexa et implicita.<br />

Denn wenn wir nur Seelen, also körperlose Geister wären und im Himmel<br />

wohnend von irdischen Geschöpfen nichts wüssten, und man uns dann<br />

sagte, wir würden durch e<strong>in</strong> seltsames B<strong>and</strong> mit irdischen Leibern verknüpft<br />

werden, um sie zu beseelen: [I] ja, würden wir das nicht noch viel<br />

entschiedener <strong>in</strong> hartnäckigem Unglauben bestreiten und es naturwidrig<br />

16 Is 26,19; 65,17 –19 und 66,22 (Verheißung des „neuen Himmels und der<br />

neuen Erde“; vgl. auch Apc 21,1, zitiert <strong>in</strong> civ. 20,16; vgl. auch 22,29, p.<br />

629,17 –26); Dn 12,1 f.; 7,18 und 27.<br />

17 P. 557,25 f.: neque enim natura pateretur, ut id quod esset e terra nisi <strong>in</strong> terra maneret.<br />

Die Formulierung dieses Axioms f<strong>in</strong>det sich auch <strong>in</strong> civ. 22,11 (s.u. Abschn.<br />

3.2.); vgl. auch s. 242,7.

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