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Body and Soul in Ancient Philosophy

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182<br />

Gyburg Radke-Uhlmann<br />

Def<strong>in</strong>ition der wahren Philosophie, die Sokrates im ersten Gesprächsteil<br />

erarbeitet, <strong>in</strong> actu, 1m 1meqce_ô verwirklicht: Die energeia der Philosophie<br />

sei, so lautet die Def<strong>in</strong>ition im Phaidon, e<strong>in</strong>e schrittweise Re<strong>in</strong>igung und<br />

Entfernung der Seele von der B<strong>in</strong>dung an das Körperliche. 5 Diese kathartische<br />

Anagogie vollzieht der Phaidon <strong>in</strong> H<strong>and</strong>lung und Inhalt. Die<br />

auf diese besondere, kathartische energeia gerichtete Konsequenz des<br />

Aufbaus beg<strong>in</strong>nt gleich mit der ersten Begegnung der Freunde mit<br />

Sokrates. Diesem wurden gerade die Fußfesseln gelöst, wie es Brauch ist<br />

kurz vor der H<strong>in</strong>richtung. Sokrates’ erste Worte an se<strong>in</strong>e Freunde s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>e Reflexion auf se<strong>in</strong> physisches Empf<strong>in</strong>den: Er empf<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>e körperliche<br />

Lust, weil der Schmerz, den die Fesseln verursacht haben, nun<br />

nachlasse. 6 Diese Empf<strong>in</strong>dung ist für ihn der Anlass, über das merkwürdige<br />

Mischverhältnis von Lust und Unlust im S<strong>in</strong>nlichen Überlegungen<br />

anzustellen. Seltsam sei es doch, so Sokrates, dass Lust und<br />

Unlust im S<strong>in</strong>nlichen immer ane<strong>in</strong><strong>and</strong>er gebunden seien, wenn sie auch<br />

nicht gleichzeitig <strong>in</strong> der Seele herrschen könnten. Immer folge das e<strong>in</strong>e<br />

dem <strong>and</strong>eren.<br />

Die Freunde begegnen dem Protophilosophen <strong>in</strong> der Stunde se<strong>in</strong>er<br />

H<strong>in</strong>richtung, wie er über se<strong>in</strong>e Körperlichkeit und die fehlende<br />

Re<strong>in</strong>heit und Erkennbarkeit der s<strong>in</strong>nlichen Lust als etwas für sich Bestimmtes<br />

nachdenkt.<br />

Das Thema aber wird von se<strong>in</strong>en Freunden nicht aufgegriffen,<br />

sondern das Gespräch schwenkt sche<strong>in</strong>bar assoziativ auf die Frage,<br />

warum Sokrates jetzt im Alter damit begonnen habe, Fabeln zu dichten.<br />

Die Antwort auf die Frage, die Kebes ihm im Auftrag des Sophisten<br />

Euenos stellt, formuliert das Thema, das im ganzen folgenden Dialog<br />

zum<strong>in</strong>dest im H<strong>in</strong>tergrund präsent bleibt: Der Philosoph ist Dichter<br />

und Musiker. 7<br />

Der Gott Apoll habe ihm schon se<strong>in</strong> Leben lang im Traum befohlen,<br />

Musik zu betreiben. Er aber habe gedacht, der Gott wolle ihn<br />

nur zu dem antreiben, was er ohneh<strong>in</strong> immer tue: zum Philosophieren,<br />

denn die Philosophie sei ja die größte Musik. Jetzt kurz vor se<strong>in</strong>em Tod<br />

aber sei ihm der Gedanke gekommen, dass der Gott die geme<strong>in</strong>e Musik<br />

(tµm dgl~dg lousijµm) me<strong>in</strong>en könne, und er habe es für sicherer<br />

erachtet, auch diese zu betreiben und nicht nur k|coi, sondern auch<br />

lOhoi zu dichten, denn dies sei wahrhaft die Sache des Dichters. Weil er<br />

5 Phd. 67c4 –d10.<br />

6 Phd. 60b1–c9.<br />

7 Phd. 60e6–61b7.

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