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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Die aretÞ des Leibes 245<br />

f<strong>in</strong>det sich ja auch im Verhältnis der seelischen Funktionen untere<strong>in</strong><strong>and</strong>er,<br />

und zwar <strong>in</strong>sbesondere im Verhältnis der Rationalität zum begehrenden<br />

Seelenteil. Dabei fungiert der rationale Seelenteil als der<br />

Kern des Selbst, und der begehrende Seelenteil ist ihm äußerlich und<br />

tendenziell entfremdet. Die <strong>in</strong> Weisheit und Charaktertugenden gründende<br />

harmonische, <strong>in</strong> sich „freundschaftliche“ Seelenordnung verh<strong>in</strong>dert<br />

nun aber gerade, dass es zu offenem Konflikt und Entfremdung<br />

zwischen den Seelenteilen kommt. Für e<strong>in</strong>en solchen Menschen stehen<br />

die körperlich <strong>in</strong>duzierten Bedürfnisse und Begierden nicht mehr <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em antagonistischen Konflikt zu dem, was er selbst eigentlich ist und<br />

se<strong>in</strong> will. Se<strong>in</strong> Selbst wird ihm zu e<strong>in</strong>er komplexen E<strong>in</strong>heit aus diesen<br />

verschiedenen Faktoren unter der Führung der Vernunft. 45 Da sich <strong>in</strong><br />

den Regungen des begehrenden Seelenteils die Bedürfnisse des Körpers<br />

artikulieren, liegt es nahe, auch den Körper, der sich, entsprechend den<br />

pädagogischen Vorstellungen <strong>in</strong> der Politeia, dem Timaios und den<br />

Nomoi, <strong>in</strong> harmonischer Balance mit der Seele entwickelt hat, als e<strong>in</strong>en<br />

nachrangigen Teil dieser komplexen, nicht-entfremdeten E<strong>in</strong>heit des<br />

Selbst zu betrachten. Und wenn es so ist, dass der Körper nicht nur e<strong>in</strong><br />

Instrument der Seele ist, sondern <strong>in</strong> gewisser Weise auch e<strong>in</strong> sekundärer<br />

Aspekt dessen, was wir selbst je eigentlich s<strong>in</strong>d, so kann auch se<strong>in</strong><br />

spezifisches Wohlse<strong>in</strong>, die Gesundheit, als e<strong>in</strong> sekundärer Aspekt des<br />

wohlverfassten Selbst und damit zum<strong>in</strong>dest als e<strong>in</strong> schwaches f<strong>in</strong>ales und<br />

konstitutives Gut e<strong>in</strong>es Menschen betrachtet werden. 46<br />

45 Vgl. etwa den locus classicus für die These e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Tugend und Weisheit<br />

gründenden harmonischen und freundschaftlichen Ordnung der seelischen<br />

Faktoren, R. 443c – e.<br />

46 Ist Gesundheit angesichts ihrer Bedeutung für e<strong>in</strong> wohlgeordnetes seelisches<br />

Leben nicht vielleicht sogar selbst e<strong>in</strong> essentieller Aspekt der seelischen aretÞ? In<br />

diesem Fall wäre sie (analog zu den E<strong>in</strong>zeltugenden) als e<strong>in</strong> wesentlicher<br />

Teilaspekt des starken konstitutiven Gutes selbst e<strong>in</strong> starkes konstitutives Gut. –<br />

In gewissem S<strong>in</strong>ne trifft es ja zu, dass die seelische Ordnung <strong>in</strong> Platons Augen<br />

auch von der physiologischen Verfassung abhängt. Er sche<strong>in</strong>t sich auch der<br />

Möglichkeit bewusst zu se<strong>in</strong>, dass Weisheit und Tugend durch Krankheit<br />

zerstört werden können. Andererseits würde es aber dem Charakter der substanzialistischen<br />

Seelenkonzeption Platons widersprechen, wenn man die Gesundheit,<br />

die e<strong>in</strong> Ordnungszust<strong>and</strong> unseres Körpers ist, als e<strong>in</strong>e Komponente<br />

derjenigen aretÞ betrachtete, die den Kern unseres Selbst ordnet und <strong>in</strong> dieser<br />

Weise auch den Kern unserer Eudaimonie konstituiert. Dieser Kern ist die<br />

Seele, und <strong>in</strong>sbesondere unser rationales Selbst. Zur aretÞ der Seele verhält sich<br />

die Gesundheit als e<strong>in</strong> externer kausaler Faktor.

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