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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Der Geist im vollkommenen Körper 475<br />

[IV] Warum nur wundern wir uns nicht weit mehr darüber, dass unkörperliche,<br />

selbst himmlischen Körpern überlegene Seelen an irdische Leiber<br />

gebunden werden, als darüber, dass irdische Leiber zu zwar himmlischen,<br />

doch immerh<strong>in</strong> körperlichen Behausungen erhoben werden?<br />

Es müsse doch viel mehr erstaunen, dass sich die Seelen mit den irdischen<br />

Körpern verb<strong>in</strong>den, also nicht etwa mit den himmlischen Körpern,<br />

somit <strong>in</strong> der Abwärtsbewegung sogar e<strong>in</strong>e Stufe überspr<strong>in</strong>gen, als<br />

dass sich die irdischen Körper <strong>in</strong> die himmlischen Sphären erheben<br />

könnten, die zudem ebenfalls körperlich s<strong>in</strong>d. August<strong>in</strong> bezieht sich<br />

hiermit auf die <strong>in</strong> allen naturphilosophischen Lehren akzeptierte Vorstellung,<br />

dass der „Himmel“, <strong>in</strong> dem sich die vom Körper getrennten<br />

Seelen aufhalten, körperlich sei. Also: Wenn sich der Geist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

körperlichen Bereich – den Himmel – begeben kann, muss dies dem<br />

Körper erst recht möglich se<strong>in</strong>. Das Problem, dass die Körperlichkeit<br />

der supralunaren Sphäre e<strong>in</strong>e <strong>and</strong>ere ist als die der irdischen, wird hier<br />

nur gestreift, <strong>in</strong>dem mit der Bewegung des menschlichen Körpers <strong>in</strong><br />

den himmlischen Bereich die Vorstellung der „Sublimation“ verbunden<br />

wird (sublimari). August<strong>in</strong> kommt <strong>in</strong> Kap. 11 erneut darauf zurück (s.u.<br />

Abschn. 3.2.).<br />

Argument V ist e<strong>in</strong>e Umformulierung von IV, bezieht nun aber<br />

erneut (wie bereits II) den Aspekt der göttlichen Schöpfung mit e<strong>in</strong><br />

(22,4, p. 558,24 – 28):<br />

[V] nam profecto sobria ratione consulta mirabilioris esse div<strong>in</strong>i operis reperitur<br />

<strong>in</strong>corporalibus corporalia quodam modo attexere quam licet diversa, quia illa caelestia,<br />

ista terrestria, tamen corpora et corpora copulare.<br />

[V] Denn bei vernünftiger Überlegung muss doch e<strong>in</strong>leuchten, dass es e<strong>in</strong><br />

wunderbareres Gotteswerk ist, Körperliches irgendwie mit Unkörperlichem<br />

zu verknüpfen, als Körper zu Körpern zu gesellen, mögen sie auch als<br />

himmlisch und irdisch vone<strong>in</strong><strong>and</strong>er verschieden se<strong>in</strong>.<br />

August<strong>in</strong> argumentiert erneut a fortiori: Erstaunlicher ist, dass Gott bei<br />

se<strong>in</strong>em schöpferischen H<strong>and</strong>eln Unkörperliches mit Körperlichem<br />

„verwebte“, als dass er zwei körperliche D<strong>in</strong>ge, Elemente von Himmel<br />

und Erde, mite<strong>in</strong><strong>and</strong>er verb<strong>and</strong>. Im Gegensatz zu Argument II ist nun<br />

Gott selbst Subjekt der Tätigkeit des Verb<strong>in</strong>dens: Wenn er also ersteres<br />

(elementum maius) kann, kann er erst recht das zweite (elementum m<strong>in</strong>us).<br />

Wiederum wird postuliert, dass Gott allmächtig ist.<br />

Fazit: August<strong>in</strong> argumentiert <strong>in</strong> civ. 22,4 mit e<strong>in</strong>er Gedankenfigur,<br />

die beim Leser/Hörer den E<strong>in</strong>druck erzeugen soll, dass die Verb<strong>in</strong>dung<br />

von Leib und Seele <strong>in</strong> der überirdischen Sphäre ebenso möglich sei wie

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