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Body and Soul in Ancient Philosophy

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46<br />

Christian Schäfer<br />

1. Vorüberlegungen<br />

Festzustehen sche<strong>in</strong>t, dass Xenophanes <strong>in</strong> diesem Textbruchstück e<strong>in</strong>e<br />

Aussage gegen Pythagoras machen möchte, und dass diese Aussage <strong>in</strong><br />

der Antike als witzige Verspottung wahrgenommen wurde, wie der<br />

weitere Zusammenhang bei Diogenes Laertios zeigt.<br />

Wofür Pythagoras hier jedoch verspottet wird, darüber tobt e<strong>in</strong><br />

langer Gelehrtenstreit. Die nahe liegende Annahme ist, dass sich<br />

Xenophanes mit se<strong>in</strong>er Anekdote über die pythagoreische Seelenw<strong>and</strong>erungslehre<br />

lustig macht. In diesem Fall wäre das Fragment der erste<br />

und schlagende Beleg dafür, dass die Metempsychose von Pythagoras<br />

selbst vertreten worden ist; 3 oder zum<strong>in</strong>dest unmittelbar nach se<strong>in</strong>em<br />

Tod von den Pythagoreern als se<strong>in</strong>e Lehre weitergegeben wurde, je<br />

nachdem, ob man annehmen will, dass Xenophanes den Pythagoras um<br />

e<strong>in</strong>ige Zeit überlebt haben wird. 4<br />

Das Motiv für die Anekdote könnte Xenophanes übrigens unter<br />

Umständen von den Pythagoreern selbst übernommen haben. Ähnliche<br />

taktische Übernahmen zur Kritik des Übernommenen lassen sich bei<br />

Xenophanes mehrfach nachweisen. Jedenfalls f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> der Artemii<br />

Passio 29 (e<strong>in</strong>em sehr späten Beleg freilich) e<strong>in</strong>e Abw<strong>and</strong>lung desselben<br />

Themas aus der pythagoreischen Tradition erzählt: Pythagoras habe<br />

demnach e<strong>in</strong>mal die Stimme e<strong>in</strong>es Freundes im Stöhnen e<strong>in</strong>es R<strong>in</strong>des<br />

erkannt, das gerade zur Opferung geführt wurde. In e<strong>in</strong>e ähnliche<br />

Richtung mag die Tatsache deuten, dass die Geschichte vom Erkennen<br />

3 Im Folgenden ist von der pythagoreischen Lehre e<strong>in</strong>er ,Seelenw<strong>and</strong>erung‘ oder<br />

,Metempsychose‘ die Rede, während auf den unbestimmteren Term<strong>in</strong>us ,Pal<strong>in</strong>genesie‘<br />

weitgehend verzichtet wird. Und zwar trotz der <strong>in</strong> sich nicht unbegründeten<br />

Feststellung von Wilhelm Bauer 1976, 163: „Der gewissermassen<br />

officielle Term<strong>in</strong>us der Pythagoreer für den Übertritt der Seele aus e<strong>in</strong>em<br />

Körper <strong>in</strong> den <strong>and</strong>eren lautete pakiccemes_a, ,Wiedergeburt‘, was Servius z.<br />

Aen III, 68 gegenüber der vielfach geläufigen Bezeichnung letelx}wysir<br />

ausdrücklich betont: ,non letelx}wysim, sed pakiccemes_am esse dicit [scil.<br />

Pythagoras]‘“. Warum demgegenüber im Folgenden sachlich gerechtfertigt der<br />

Seelengedanke (demgegenüber sich der unspezifischere Term<strong>in</strong>us ,Pal<strong>in</strong>genesie‘<br />

begrifflich <strong>in</strong>different verhält) auch über die term<strong>in</strong>ologische Beschreibung<br />

der Lehre als ,Seelenw<strong>and</strong>erungs-‘ oder ,Metempsychosenlehre‘ von vornhere<strong>in</strong><br />

mite<strong>in</strong>bezogen wird, wird sich aus dem Gang des Arguments unschwer<br />

ergeben.<br />

4 Für die Lebenszeiten darf man als ungefähres Raster annehmen: Pythagoras<br />

ca. 570–480, Xenophanes ca. 570 – 470. Dazu jeweils Riedweg 2002, 18 – 36,<br />

und Schäfer 1996, 95 – 104.

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