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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Die energeia des Philosophen 189<br />

dafür tatsächlich bestimmte Gründe zu haben. Nach der Aufhebung<br />

dieses doppelten Unwissens, dieser dipk/ %cmoia, ist Alkibiades bereit,<br />

sich über sich selbst aufklären zu lassen, und wird zu der E<strong>in</strong>sicht geführt,<br />

dass se<strong>in</strong> wahres Selbst oder Ich nicht se<strong>in</strong> Körper und das, was<br />

sich auf den Körper bezieht und zu diesem gehört, ist und auch nicht<br />

die Seele <strong>in</strong>sgesamt mit ihren Wahrnehmungs- und Vorstellungsvermögen,<br />

sondern se<strong>in</strong>e Fähigkeit zu rationalem begrifflichem Unterscheiden.<br />

Der Argumentationsgang ist dabei streng anagogisch, <strong>in</strong>dem<br />

Alkibiades von Sokrates immer weiter von dem Körperlichen und<br />

S<strong>in</strong>nlichen weg und h<strong>in</strong> zum Begrifflichen und Allgeme<strong>in</strong>en gelenkt<br />

wird.<br />

So wie es am schönsten und besten ist, <strong>in</strong> Bezug auf dieses eigentliche<br />

Selbst e<strong>in</strong> Wissen zu erlangen, so ist es analog auch am<br />

schlimmsten und das größte Übel, darüber im Unklaren zu se<strong>in</strong> – das ist<br />

die Lehre, die <strong>in</strong> dieser Anagogie dem jungen Alkibiades vermittelt<br />

wird; mit <strong>and</strong>eren Worten: am Anfang von allem muss die kritische<br />

Selbsterkenntnis stehen, die e<strong>in</strong>e Erkenntnis darüber ist, wovon man e<strong>in</strong><br />

bestimmtes Wissen hat und wovon nicht.<br />

Im Platoncurriculum des Philosophieunterrichts der spätantiken<br />

Platoniker rahmten die Lektüre des Alkibiades und des Philebos die<br />

E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Grundlagen der platonischen Philosophie: Die<br />

Schüler begannen mit dem Alkibiades, der als Selbsterkenntnisdialog<br />

gelesen wurde, und sie beendeten ihr Kennenlernen des Platonismus<br />

mit dem Philebos als dem Dialog, der von dem höchsten Ziel und Gut<br />

h<strong>and</strong>ele und daher theologische E<strong>in</strong>sichten vermitteln könne. Dabei<br />

s<strong>in</strong>d die beiden Rahmendialoge <strong>in</strong>haltlich aufe<strong>in</strong><strong>and</strong>er bezogen. Denn<br />

das, was für e<strong>in</strong>en Menschen oder den Menschen überhaupt e<strong>in</strong> Gut<br />

oder Übel ist, hängt naturgemäß wesentlich von der Wesensdef<strong>in</strong>ition<br />

des Menschen ab.<br />

Im Alkibiades wird allerd<strong>in</strong>gs nur erst e<strong>in</strong> noch ganz abstrakter,<br />

unbestimmter Begriff von dem, was der Mensch ist, erreicht, der im<br />

wesentlichen negativ ist, d. h. der zeigt, dass der Mensch nicht über<br />

se<strong>in</strong>e Körperlichkeit oder se<strong>in</strong>e auf die Körperlichkeit bezogenen Seelenvermögen<br />

def<strong>in</strong>iert und <strong>in</strong> spezifischer Weise von allen <strong>and</strong>eren<br />

Lebewesen unterschieden werden kann. Der Mensch ist, so lernt man<br />

im Alkibiades, nicht e<strong>in</strong>fach die d<strong>in</strong>gliche, wahrnehmbare E<strong>in</strong>heit und<br />

nicht e<strong>in</strong>fach die E<strong>in</strong>heit aus Körper und Seele, sondern weder die<br />

Eigenschaften, die dieser d<strong>in</strong>glichen E<strong>in</strong>heit, sofern sie e<strong>in</strong> Gegenst<strong>and</strong><br />

der Anschauung ist, zukommen, noch se<strong>in</strong>e Körperlichkeit als solche<br />

zählen zum eigentlichen Wesen des Menschen. Dieses eigentliche

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