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Body and Soul in Ancient Philosophy

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der Phaidon auch e<strong>in</strong>e Erfüllung des Auftrags, den Sokrates von Apoll im<br />

Traum erhalten hat, se<strong>in</strong> soll – als Vermächtnis des Sokrates.<br />

Dieser Stufenweg wird vorwegnehmend bereits im Rahmengespräch<br />

zwischen Phaidon und Echekrates e<strong>in</strong>geführt. Das Paradox, wie<br />

e<strong>in</strong> solches trauriges Ereignis wie die H<strong>in</strong>richtung des Protophilosophen<br />

Sokrates zu e<strong>in</strong>er Komödie, zu etwas, das Freude macht und glücklich<br />

endet, wird, wird <strong>in</strong> diesem nämlich als Aufgabe formuliert, die der<br />

ganze folgende Dialog erfüllt: Diese Formulierung nimmt explizit die<br />

nachher – unabhängig davon – von Sokrates beschriebene Mischung<br />

von Lust und Unlust im S<strong>in</strong>nlichen vorweg und bezieht sie auf die<br />

Dichtung, die Platon im Phaidon präsentiert. 24<br />

Sokrates macht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Todesstunde e<strong>in</strong>en glücklichen E<strong>in</strong>druck,<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Worten ebenso wie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Haltung und Stimmung. Dieser<br />

E<strong>in</strong>druck aber war so überzeugend, dass er sogar die anwesenden und<br />

trauernden Freunde erfasste. Diese empf<strong>and</strong>en aus diesem Grund, so<br />

referiert es Phaidon, ke<strong>in</strong> Mitleid, sie fürchteten nichts für den Freund<br />

und Lehrer, weil er jetzt sterben sollte. Es ist e<strong>in</strong> Trauerfall, bei dem das<br />

Höchstmaß an Anteilnahme das Fehlen von Schmerz und Trauer bedeutet.<br />

Doch Phaidon beschreibt noch e<strong>in</strong> zweites Phänomen, das<br />

verschieden ist von Sokrates’ re<strong>in</strong>em Glück: Alle Anwesenden hätten<br />

am Philosophieren nicht die gewohnte Freude empfunden, sondern<br />

hätten sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em seltsam gemischten Zust<strong>and</strong> aus Freude und Leid<br />

befunden und e<strong>in</strong>mal gelacht, dann wieder gewe<strong>in</strong>t.<br />

Was Phaidon hier vorwegnehmend beschreibt, s<strong>in</strong>d zwei verschiedene<br />

Seelenzustände, der des Sokrates und der se<strong>in</strong>er Freunde und<br />

Schüler. Sokrates’ Empf<strong>in</strong>den ist re<strong>in</strong>e unvermischte eudaimonia, das<br />

se<strong>in</strong>er Schüler ist e<strong>in</strong>e Mischung aus Lust und Unlust. Wir erkennen<br />

dar<strong>in</strong> schon hier zwei Stufen von philosophischer energeia: Ihre unvollendete<br />

und ihre vollendete Form, e<strong>in</strong>e Haltung vollendet gere<strong>in</strong>igter<br />

E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Wertigkeit von Körper und Seele und die Unvergänglichkeit<br />

der rationalen Seele, und e<strong>in</strong> noch unvollendetes Wissen<br />

davon. Denn von der Me<strong>in</strong>ung über dieses Verhältnis hängt die<br />

Haltung zum physischen Tod des Sokrates ab.<br />

Doch auch die Schüler s<strong>in</strong>d auf dem Weg dazu, das zu erreichen,<br />

was Sokrates bereits verwirklicht. Phaidon nämlich beg<strong>in</strong>nt se<strong>in</strong>en<br />

Bericht von der Todesstunde mit der Bekräftigung, dass es für ihn von<br />

allem das Angenehmste (Fdistom) ist, sich an Sokrates zu er<strong>in</strong>nern,<br />

entweder <strong>in</strong>dem er selbst über ihn spricht oder von <strong>and</strong>eren über ihn<br />

24 Phd. 58e1–59a9.<br />

Die energeia des Philosophen 193

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