05.11.2013 Views

Body and Soul in Ancient Philosophy

Body and Soul in Ancient Philosophy

Body and Soul in Ancient Philosophy

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

332<br />

Ursula Wolf<br />

charakterlich gut zu se<strong>in</strong> ohne die Klugheit, noch klug zu se<strong>in</strong> ohne die<br />

aretÞ ÞthikÞ (1144b31 f.).<br />

Gel<strong>in</strong>gt es, mithilfe dieses h<strong>and</strong>lungstheoretischen Modells, <strong>in</strong> dem<br />

die affektive und die rationale Seite des guten H<strong>and</strong>elns wechselseitig<br />

vone<strong>in</strong><strong>and</strong>er abhängen, zwischen den Mängeln des Humeschen und des<br />

Kantischen Modells h<strong>in</strong>durchzusteuern? Diese Grundsatzfrage der<br />

H<strong>and</strong>lungstheorie lässt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kurzen Beitrag nicht klären. Me<strong>in</strong><br />

Ziel besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Überprüfung des aristotelischen Vorschlags an<br />

denjenigen Phänomenen, die ihm offensichtliche Schwierigkeiten bereiten.<br />

Dies s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en die Beschreibung des Gegenteils der eupraxia,<br />

des schlechten H<strong>and</strong>elns, zum <strong>and</strong>eren die akrasia und die enkrateia.<br />

Ich beg<strong>in</strong>ne mit dem zweiten Problem und konzentriere mich dabei auf<br />

die enkrateia, die von Aristoteles ebenso wie <strong>in</strong> der Forschungsliteratur<br />

eher vernachlässigt wird, aber noch rätselhafter ist als die akrasia.<br />

1. Das Phänomen der enkrateia<br />

Die Probleme<br />

Akrasia und enkrateia im engeren S<strong>in</strong>n lokalisiert Aristoteles im H<strong>and</strong>lungsbereich<br />

des Umgangs mit s<strong>in</strong>nlicher Lust und Unlust. Sie liegen<br />

zwischen Mäßigkeit (sôphrosynÞ) und Unmäßigkeit (akolasia), die <strong>in</strong><br />

diesem Bereich die aretÞ und die kakia bilden. Die Begierden (epithymiai),<br />

zu denen der Mäßige e<strong>in</strong>e mittlere Haltung e<strong>in</strong>nimmt, s<strong>in</strong>d<br />

diejenigen, die wir mit den <strong>and</strong>eren Tieren teilen, Hunger, Durst und<br />

sexuelle Begierde. Die Vernunft sagt, wie weit man den Begierden<br />

folgen soll, nämlich so weit für das Leben zuträglich (1119a11-b20).<br />

Entsprechend verhält sich der Mäßige. Der Unmäßige h<strong>in</strong>gegen hat das<br />

Lebenspr<strong>in</strong>zip, jede verfügbare 3 Lust zu verfolgen (1146b23), und er<br />

begeht daher die e<strong>in</strong>zelnen unmäßigen H<strong>and</strong>lungen vorsätzlich (prohairoumenos).<br />

Der akratÞs folgt – zum<strong>in</strong>dest zeitweise – ebenfalls der sich bietenden<br />

Lust, jedoch nicht aus Pr<strong>in</strong>zip. Vielmehr hat er die richtige allgeme<strong>in</strong>e<br />

Vorstellung, man solle schädliche Lust, z.B. Süßigkeiten meiden<br />

(1147a31 f.). Anders als beim Mäßigen aber ist se<strong>in</strong> Begehrungsver-<br />

3 Wie Irw<strong>in</strong> 2001, 87 f. m. E. überzeugend zeigt, lässt sich to paron hÞdy hier nicht<br />

im engen S<strong>in</strong>n von „gegenwärtiges Angenehmes“ verstehen, wenn das Pr<strong>in</strong>zip<br />

nicht von vornhere<strong>in</strong> uns<strong>in</strong>nig se<strong>in</strong> soll.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!