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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Körper und Geist bei Aristoteles – zum Problem des Funktionalismus 259<br />

und da dieser vom Körper unabhängig gedacht wird, entstehe auch bei<br />

Aristoteles e<strong>in</strong>e nicht mehr überbrückbare Kluft zwischen den Phänomenen<br />

des Bewusstse<strong>in</strong>s und ihrer organisch-physischen Basis. Die<br />

Identitätstheorie, die Aristoteles entwickelt, gelte daher, so wird öfter<br />

gesagt, eigentlich nur für den Bereich funktionaler Leistungen der<br />

Organismen, die auch ohne Rücksicht auf solche Bewusstse<strong>in</strong>sphänomene<br />

beschrieben werden können. Auch die Wahrnehmungstheorie<br />

bei Aristoteles lasse sich als die Beschreibung e<strong>in</strong>es biologischen Regelsystems<br />

verstehen, das die Organismen dazu befähigt, Informationen<br />

aus der Umwelt irgendwie zu verarbeiten und sich mit ihrer Hilfe<br />

biologisch zweckmäßig zu verhalten. Der Innenaspekt der Wahrnehmung,<br />

ihre Erlebnisqualität, bleibe <strong>in</strong> der Theorie des Aristoteles ganz<br />

aus dem Spiel.<br />

Ich möchte demgegenüber zeigen, dass diese Interpretation nicht<br />

zutrifft. Es ist nicht richtig, dass Aristoteles die Phänomene des Innenaspekts<br />

der Wahrnehmung vernachlässigt und Bewusstse<strong>in</strong> und Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />

auf die Aktivitäten des Geistes oder der Vernunft e<strong>in</strong>geschränkt<br />

hätte. Für unseren Zweck muss e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>igermaßen schematische<br />

Darstellung der Wahrnehmungstheorie des Aristoteles ausreichen.<br />

Die Wahrnehmung kommt für ihn dadurch zust<strong>and</strong>e, dass von den<br />

Objekten bestimmte Reize ausgehen und <strong>in</strong> den spezifischen S<strong>in</strong>nesorganen<br />

von Organismen Prozesse auslösen, die zu e<strong>in</strong>em Zentralorgan,<br />

nach Aristoteles beim Menschen dem Herzen, weitergeleitet werden,<br />

von dem aus dann entsprechende Reaktionen des Organismus, <strong>in</strong>sbesondere<br />

Muskelbewegungen, e<strong>in</strong>geleitet werden. Aristoteles sagt ausdrücklich,<br />

dass, eigentlich gesprochen, nicht das Auge sieht und auch<br />

nicht das Zentralorgan, sondern der Mensch mittels des Auges und des<br />

Zentralorgans sieht. Das möchte man auch gerne den heutigen Neurobiologen<br />

zurufen, die gerne davon sprechen, dass das Gehirn denkt.<br />

Das Gehirn denkt nicht, sondern der Mensch denkt mit Hilfe se<strong>in</strong>es Gehirns.<br />

Dass Aristoteles nicht das Gehirn, sondern das Herz als dieses<br />

Zentralorgans ansieht, liegt daran, dass dieses Zentralorgan als solches<br />

mit allen Teilen des Körpers <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung stehen muss. Zur Zeit des<br />

Aristoteles waren aber die anatomischen Kenntnisse, aus Sektionen<br />

gewonnen, erst so weit entwickelt, dass als e<strong>in</strong> solches allumfassendes<br />

System nur das der Blutgefäße bekannt war. Dass auch das Nervensystem,<br />

vom Gehirn ausgehend, e<strong>in</strong>en ähnlich verzweigten Apparat<br />

bildet, ist erst zwei Generationen später, durch den bedeutenden Arzt<br />

Herophilos von Alex<strong>and</strong>ria, entdeckt worden.

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