05.11.2013 Views

Body and Soul in Ancient Philosophy

Body and Soul in Ancient Philosophy

Body and Soul in Ancient Philosophy

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

64<br />

Christian Schäfer<br />

auf e<strong>in</strong>e solche Kritik der Vergöttlichung des Menschen als Korrelat der<br />

Kritik der homerisch-anthropomorphen Götterdarstellungen im Fragment<br />

DK 21 B 2. 39<br />

Der Anthropomorphismusvorwurf des Xenophanes ist nun nicht<br />

vordr<strong>in</strong>glich e<strong>in</strong> Schulstück theoretischer Spekulation. Es h<strong>and</strong>elt sich<br />

um e<strong>in</strong>en Vorwurf fehlender Theoprepie und somit <strong>in</strong> letzter Konsequenz<br />

um e<strong>in</strong>en Vorwurf der Blasphemie. Anthropomorphismus bedeutet<br />

an der Wurzel die Gefahr der Angleichung von Menschlichem<br />

und Göttlichem und somit e<strong>in</strong>en Theoprepie-Verstoß eigener Art. Und<br />

die Seelenw<strong>and</strong>erungslehre des Pythagoras gleicht ganz offenbar die<br />

Seelen von Menschen, von Sterblichen (bqoto_ oder ¢mgto_: DK21B<br />

14, B 18, B 36 u. ö.), den Göttern, den Unsterblichen (!¢\matoi), an.<br />

Denn die Differenzierung gemäß der Sterblichkeit, also von<br />

Sterblichen und Unsterblichen, etabliert im Epos ja auch sozusagen das<br />

prom<strong>in</strong>enteste und deutlichste Unterscheidungskriterium zwischen<br />

Göttern und Menschen. Alle <strong>and</strong>eren Unterscheidungen ersche<strong>in</strong>en als<br />

graduell: Götter s<strong>in</strong>d mächtiger als Menschen, die im Vergleich zu ihnen<br />

ohnmächtig ersche<strong>in</strong>en. Denn Götter vermögen mehr, wissen mehr,<br />

etc. 40 Nur die Unterscheidung <strong>in</strong> der Sterblichkeit ist absolut: Die e<strong>in</strong>en<br />

s<strong>in</strong>d def<strong>in</strong>itiv sterblich, die <strong>and</strong>eren def<strong>in</strong>itiv nicht (daher auch die<br />

Ereiferung des Xenophanes im Fall der Leukothea). Die Annahme e<strong>in</strong>er<br />

Unsterblichkeit der Seele läuft demnach genau dem Kernanliegen des<br />

Xenophanes zuwider.<br />

Vielleicht wäre es unter diesen Umständen auch lohnenswert, sich<br />

neu auf die Textumgebung zu bes<strong>in</strong>nen, <strong>in</strong> der die Kritik des Anthropomorphismus<br />

im Fragment DK 21 B 16 des Xenophanes überliefert<br />

ist (nämlich im Fragment „Die Äthiopier [malen] ihre Götter<br />

plattnasig und schwarz, / die Thraker blauäugig und rötlich“). Der<br />

Doxograph Clemens von Alex<strong>and</strong>rien h<strong>and</strong>elt an dieser Stelle nämlich<br />

eigentlich von der Seelenlehre. Das Argument, das er vorbr<strong>in</strong>gt, lautet,<br />

dass genauso, wie die Menschen die Tendenz haben, ihre äußere Ersche<strong>in</strong>ung<br />

auf die Götter zu übertragen, so hätten sie auch die Tendenz,<br />

ihre seelischen Eigenschaften den göttlichen anzugleichen. Laura Gemelli<br />

hat daher <strong>in</strong> ihrer Ausgabe der Vorsokratikerfragmente m.E. nicht<br />

zu Unrecht die sich an den xenophanischen Orig<strong>in</strong>altext über die<br />

problematische Ähnlichkeit der äußeren Gestalt von Menschen und<br />

Göttern anschließende Bemerkung des Clemens aufgenommen: „und<br />

39 Vgl. Schäfer 1996, 155 –158.<br />

40 Vgl. Schäfer 1999, 96 f.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!