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Body and Soul in Ancient Philosophy

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„Denn mit Menschen sprechen wir und nicht mit Göttern“ 169<br />

2. Phaidon oder das Glück ,anständiger‘ Menschen<br />

Sokrates also als anti-tragischer Held, der Phaidon als wahrste Tragödie:<br />

Was mit Blick auf die Sokratesfigur e<strong>in</strong>leuchten mag, führt mit Blick auf<br />

das sonstige Personal dieser ,platonischen‘ Tragödie – die Frauen, den<br />

Wächter, Sokrates’ Partner und Freunde – zu e<strong>in</strong>em Paradox. Der<br />

Phaidon ist nicht nur Zeugnis des Triumphes des Verst<strong>and</strong>es über die<br />

Furcht, des Vertrauens auf den logos und der konsequenten Anwendung<br />

se<strong>in</strong>er Folgerungen auf das eigene Verhalten. Er dokumentiert auch<br />

Missverständnisse gegenüber rationaler Argumentation <strong>in</strong>folge von<br />

Furcht und Misstrauen, Unwillen (aganakte<strong>in</strong>) über Sokrates’ Schicksal,<br />

und – besonders <strong>in</strong> der letzten Szene – Trauer über Sokrates’ Tod und<br />

den Verlust e<strong>in</strong>es so wichtigen Freundes, also offenbar genau das Gegenteil<br />

zu dem – so sche<strong>in</strong>t es -, was Platon von e<strong>in</strong>er philosophischen<br />

Tragödie erhofft und bei e<strong>in</strong>er traditionellen Tragödie tadelt: e<strong>in</strong> Appell<br />

an die Emotionen, dem sich auch die Leser des Phaidon zu allen Zeiten<br />

kaum haben entziehen können. Man hat deshalb vermutet, „that Plato<br />

the tragedian has not been wholly suppressed by Plato the metaphysician“<br />

23 .<br />

Die Annahme e<strong>in</strong>er derartigen Frontstellung zwischen dem Dichter<br />

und dem Philosophen Platon er<strong>in</strong>nert freilich allzu sehr an analoge<br />

Diskussionen über e<strong>in</strong>en <strong>and</strong>eren großen Dichterphilosophen, an<br />

Lukrez. 24 Jedoch, was für Lukrez gilt, hat auch für Platon Gültigkeit.<br />

Die jeweils gewählte dichterische Form und literarische Darstellungsweise<br />

auch der agierenden Personen s<strong>in</strong>d Teil der jeweiligen philosophischen<br />

Botschaft. Wenn der Erzähler Phaidon gebeten wird, zu berichten,<br />

was gesagt und was getan wurde, gilt das für Sokrates, es gilt<br />

aber auch für das <strong>and</strong>ere Personal. 25 Auch ihr Verhalten, ihr Umgang<br />

mit ihren Emotionen ist philosophisch aussagekräftig. Denn auch ihr<br />

Verhalten, <strong>in</strong>sbesondere das Phaidons, folgt Vorgaben, die Platon im<br />

Rahmen se<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Dichterkritik macht.<br />

Betrachtet man Figuren wie Kebes und Simmias, Sokrates’ Frau,<br />

Kriton, Apollodoros oder Phaidon, aber auch den Wächter, dessen edle<br />

Trauer von Sokrates sogar gelobt wird, ergibt sich e<strong>in</strong> breites Spektrum<br />

emotionaler Reaktionen auf Sokrates’ Schicksal. Sokrates’ Frau und die<br />

<strong>and</strong>eren Frauen s<strong>in</strong>d voll ungehemmter Trauer und Klagen über So-<br />

23 Halliwell 1984, 58.<br />

24 Dazu Erler 1994, bes. 384 ff.<br />

25 Vgl. Phd. 58c, wozu Gallop 2001, 281.

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