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Body and Soul in Ancient Philosophy

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472<br />

Therese Fuhrer<br />

werden kann, nach ,unten‘ zu steigen und sich mit dem Körper zu<br />

verb<strong>in</strong>den, als dass dem Körper zuzugestehen ist, dass er sich <strong>in</strong> die<br />

überirdische Sphäre erheben kann. Auch gemäß der platonischen – und<br />

ebenso der august<strong>in</strong>ischen – Se<strong>in</strong>shierarchie ist also die Zuordnung von<br />

maius und m<strong>in</strong>us gerade umgekehrt. Zudem gibt es <strong>in</strong> der platonischen<br />

Tradition e<strong>in</strong>e Reihe von Erklärungsversuchen für das Phänomen, dass<br />

die unsterbliche Seele überhaupt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en vergänglichen irdischen<br />

Körper h<strong>in</strong>absteigt: Neben der Strafe 19 hat die E<strong>in</strong>körperung die<br />

Funktion, dass die Seele als ontologisch Überlegene die Körperwelt<br />

bewegt und belebt. 20 In der philosophischen Argumentation könnte also<br />

August<strong>in</strong>s Gedankenexperiment sogleich die Grundlage entzogen<br />

werden: Die Verb<strong>in</strong>dung von Seele und Körper auf der Erde ist nicht<br />

widernatürlich, sondern e<strong>in</strong>e anthropologische Notwendigkeit.<br />

August<strong>in</strong> berücksichtigt dieses Axiom der platonischen Lehrtradition<br />

nur implizit, <strong>in</strong>dem er das erste Argument (I) entsprechend umformuliert<br />

(22,4, p. 558,7–11):<br />

[II] cur ergo eodem volente deo, qui fecit hoc animal, non poterit terrenum corpus <strong>in</strong><br />

caeleste corpus attolli, si animus omni ac per hoc etiam caelesti corpore praestabilior<br />

terreno corpori potuit <strong>in</strong>ligari?<br />

[II] Warum also sollte, wenn derselbe Gott, der solche Lebewesen geschaffen<br />

hat, es will, nicht auch e<strong>in</strong> irdischer Körper zu e<strong>in</strong>em himmlischen<br />

erhoben werden können, wenn doch die Seele, die vorzüglicher ist als alle,<br />

also auch himmlische Körper, an e<strong>in</strong>en irdischen gebunden werden<br />

konnte?<br />

Wenn der Geist (animus), der jedem Körper überlegen ist, sich mit dem<br />

irdischen Körper verb<strong>in</strong>den kann, wird es also auch möglich se<strong>in</strong>, dass<br />

der irdische Körper zu e<strong>in</strong>em himmlischen erhoben werden kann, aber<br />

nur: „wenn Gott dies will“ (deo volente). Hier verläuft die Argumentation<br />

nun tatsächlich a m<strong>in</strong>ore ad maius: Die Verb<strong>in</strong>dung der Seele mit<br />

dem Körper ist entsprechend der platonischen Se<strong>in</strong>sordnung möglich;<br />

der Schluss auf die Möglichkeit der Erhebung des Körpers <strong>in</strong> die<br />

himmlische Sphäre ergibt sich nicht a fortiori. Deshalb muss August<strong>in</strong><br />

19 Gegen diese Position (vgl. Pl. Phdr. 250c), namentlich gegen Origenes, wendet<br />

sich August<strong>in</strong> <strong>in</strong> civ. 11,23 u.ö. Dazu O’Daly 1987, 71 f.<br />

20 Nach Plot. 4,8,1 f. hat sie auch die Aufgabe, den Körper ontologisch aufzuwerten,<br />

weshalb ihr sogar e<strong>in</strong>e Aff<strong>in</strong>ität zum Körper eigen ist. August<strong>in</strong><br />

übernimmt dieses Element <strong>in</strong> civ. 22,26 f., wo er es <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Argumentation<br />

gegen Porphyrios als platonisch def<strong>in</strong>iert, sowie <strong>in</strong> der eigenen Position (s.u.<br />

Abschn. 3.5. mit Anm. 50). Dazu Cipriani 1996, 369–400, hier 383 f.

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