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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Ursula Wolf<br />

sondern die Bewahrung der Vorbed<strong>in</strong>gungen der eudaimonia: 14 Gesundheit<br />

und Vermögen s<strong>in</strong>d Vorbed<strong>in</strong>gungen jeder Glückskonzeption.<br />

Zusätzlich nimmt der Mäßige Rücksicht auf die Bed<strong>in</strong>gungen der<br />

Realisierung des kalon, also der Ausübung der <strong>and</strong>eren Tugenden.<br />

Auch wenn Aristoteles sagt, beim Mäßigen stimmten das Begehrungsvermögen<br />

und die Überlegung zusammen, <strong>in</strong>dem sie beide auf das<br />

kalon zielten (1119b16), so wirkt diese Bemerkung <strong>in</strong> der Beschreibung<br />

der Mäßigkeit am Ende von EN III doch eher aus Parallelitätsgründen<br />

angehängt. Die Mäßigkeit ist e<strong>in</strong>e Hilfstugend, nicht e<strong>in</strong>e Tugend im<br />

prägnanten S<strong>in</strong>n, <strong>in</strong> deren Aktualisierung der Mensch se<strong>in</strong> Leben h<strong>in</strong>durch<br />

<strong>in</strong> sich wünschenswerte Tätigkeiten vollzieht. Die Überlegung ist<br />

<strong>in</strong> ihrem Fall e<strong>in</strong>e bloße Mittel-Zweck-Überlegung, bezogen auf das für<br />

die eudaimonia Zuträgliche, und nicht wie bei den <strong>and</strong>eren Tugenden<br />

auch e<strong>in</strong>e Überlegung darüber, welche H<strong>and</strong>lung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gegebenen<br />

Situation die bestmögliche Konkretisierung der eudaimonia darstellt.<br />

Entsprechend erläutert Aristoteles die Überlegung im Zusammenhang<br />

des Umgangs mit der epithymia <strong>in</strong> De anima durch Verweis auf die<br />

Zeitstruktur des menschlichen Lebens (433b5 ff.). Die s<strong>in</strong>nliche Begierde<br />

drängt zum unmittelbar und gegenwärtig Lustvollen, und dieses<br />

ersche<strong>in</strong>t ihr als das Gute überhaupt und verh<strong>in</strong>dert so den Blick auf die<br />

Zukunft. Die Überlegung aber denkt an die Zukunft und wird daher<br />

der Begierde E<strong>in</strong>halt gebieten, wo ihre Befriedigung Schaden für das<br />

eigene künftige Leben bzw. die Bed<strong>in</strong>gungen der eudaimonia erwarten<br />

lässt. Die phronÞsis <strong>in</strong> dieser Funktion, <strong>in</strong> der sie nicht e<strong>in</strong>en jeweiligen<br />

Aspekt der eudaimonia für e<strong>in</strong>e Situation ausarbeitet, sondern Vorsorge<br />

für das künftige Leben bedeutet, nennt Aristoteles an <strong>and</strong>erer Stelle<br />

pronoia. Wie er <strong>in</strong> der EN bemerkt, s<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>er Vorstufe davon auch<br />

manche Tiere ausgestattet (1141a28). Das heißt aber, entgegen dem,<br />

was Aristoteles gewöhnlich annimmt: Auch diese suchen nicht e<strong>in</strong>fach<br />

nach s<strong>in</strong>nlicher Lust, sondern s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihrem Verhalten auf die Erhaltung,<br />

Entfaltung und Weitergabe ihres Lebens programmiert (und dabei auf<br />

<strong>and</strong>ere Art durch Lust gesteuert, <strong>in</strong>sofern die Verh<strong>in</strong>derung der entsprechenden<br />

Verhaltensweisen Unlust hervorruft). Dann könnten wir<br />

beim Menschen analog e<strong>in</strong>e Ausrichtung auf das Leben im Ganzen<br />

annehmen, nur dass diese komplizierter wäre: Er muss se<strong>in</strong> Leben durch<br />

Anwendung der Vernunft selbst organisieren. Menschen wären demnach,<br />

auch wo sie darauf nicht explizit reflektieren, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> ir-<br />

14 Die Unterscheidung zwischen Voraussetzungen und Best<strong>and</strong>teilen der eudaimonia<br />

trifft Aristoteles selbst sehr deutlich <strong>in</strong> der EE (1214b12 ff.).

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