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Body and Soul in Ancient Philosophy

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Günther Patzig<br />

Hunden und Vögeln gemacht“. Wiederum ist also ,der Mensch selbst‘<br />

se<strong>in</strong> Körper. 1<br />

Dies Verhältnis hat sich nun zwischen Homer bis zu Platon umgekehrt,<br />

jedenfalls für wichtige Teile der griechischen Bevölkerung. Als<br />

Beleg wird man bei dem Mangel an schriftlichen Zeugnissen vor allem<br />

die Lehren von der Seelenw<strong>and</strong>erung anführen, die uns z. B. für Pythagoras<br />

und se<strong>in</strong>e Anhänger <strong>in</strong> Unteritalien sicher bezeugt s<strong>in</strong>d. Die<br />

Lehre von der Seelenw<strong>and</strong>erung wird aber auch sonst verbreitet gewesen<br />

se<strong>in</strong>, ohne dass wir deshalb schon etwa <strong>in</strong>dische E<strong>in</strong>flüsse voraussetzen<br />

müssten. Solche archetypischen Vorstellungen können <strong>in</strong><br />

verschiedenen Kulturen auch unabhängig vone<strong>in</strong><strong>and</strong>er entstehen. Nach<br />

dieser Auffassung ist der eigentliche Mensch die Seele, das Personenzentrum,<br />

während der Körper, den sie verlassen kann, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

<strong>and</strong>eren Körper überzuwechseln, nur ihre zeitweilige irdische Hülle ist.<br />

Es war nun vor allem Platon, der diesen Leib-Seele-Dualismus, unter<br />

entschiedener Abwertung des Körpers, paradigmatisch und mit rationalen<br />

Argumenten entwickelt hat. Besonders das Christentum hat dann<br />

im Verlauf der historischen Entwicklung als Resonanzboden solcher<br />

Vorstellungen gewirkt. Bei Platon ist die Identifizierung des eigentlichen<br />

Menschen mit se<strong>in</strong>er Seele <strong>in</strong> den systematischen Zusammenhang<br />

se<strong>in</strong>er Ideenlehre e<strong>in</strong>gebettet, die wir hier fast ganz beiseite lassen<br />

müssen. Jedoch ist es für unsere Erörterungen förderlich, dass Platon<br />

sich verpflichtet fühlte, Argumente für se<strong>in</strong>e Auffassung vorzulegen. E<strong>in</strong><br />

klares Indiz für den Vorrang der Seele vor dem Körper ist für Platon,<br />

dass der Körper vergänglich, die Seele aber unsterblich ist. Dies sollen<br />

die je nach Zählung drei oder vier Unsterblichkeitsbeweise stützen, die<br />

Platon im Dialog Phaidon se<strong>in</strong>em Sokrates bei dessen Gesprächen mit<br />

se<strong>in</strong>en Freunden am Tag se<strong>in</strong>er Exekution im Gefängnis <strong>in</strong> den Mund<br />

legt. Diese Argumente s<strong>in</strong>d aufschlussreich, weil sie zeigen, dass die<br />

Seele für Platon ursprünglich und bruchlos Lebenspr<strong>in</strong>zip ist und zugleich<br />

als ,Erkenntnissubjekt‘ <strong>in</strong> Anspruch genommen wird. Von den<br />

Beweisen zielen der erste und der vierte auf die Seele als Lebenspr<strong>in</strong>zip,<br />

die beiden <strong>and</strong>eren Beweise auf die Seele als Subjekt e<strong>in</strong>es rationalen<br />

1 Diese Auffassung von aqto_ (,sie selbst‘) ist freilich nicht mehr unumstritten.<br />

Das Lexikon des frühgriechischen Epos betont <strong>in</strong> B<strong>and</strong> I (1978), Sp. 1652 <strong>in</strong> dem<br />

Artikel von C. Sperlich und E. M. Voigt unter Angabe wichtiger Belegstellen,<br />

dass aqto_ an dieser Stelle nicht „sie selbst“, sondern nur „das, was von ihnen<br />

nach Fortgang der Seele noch übrig war“ bedeutet. Ich überlasse die Lösung<br />

dieser Schwierigkeit gern den Homer-Spezialisten.

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