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Body and Soul in Ancient Philosophy

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„Denn mit Menschen sprechen wir und nicht mit Göttern“ 175<br />

Tod geht – weil nämlich der Tod für ihn ke<strong>in</strong> Übel ist – und empf<strong>in</strong>det<br />

deshalb ke<strong>in</strong>e Trauer und ke<strong>in</strong> Mitleid. Er weiß also, ob es gut oder<br />

schlecht ist, was bei <strong>and</strong>eren Trauer auslöst: der Tod des Sokrates. Er hat<br />

sich auf die Situation e<strong>in</strong>gestellt, ist zwar dennoch nicht frei von<br />

Emotionen, „richtet sich aber möglichst schnell wieder auf“, um mit der<br />

Politeia zu sprechen (R. 604d), kann also <strong>in</strong> der Tat die Situation leichter<br />

ertragen als die Frauen, die reagieren „wie K<strong>in</strong>der, die sich gestoßen<br />

haben und nun die schmerzende Stelle halten und fortwährend reiben“<br />

(R. 604c).<br />

Phaidon hat zwar nicht selbst die Lösung gefunden, sich aber durch<br />

das ,Spiel‘ des anti-tragischen Helden Sokrates im S<strong>in</strong>ne Platons bee<strong>in</strong>flussen<br />

lassen. Dies ist weniger, als man von Sokrates, aber mehr, als<br />

man von gewöhnlichen Menschen erwarten darf. Es h<strong>and</strong>elt sich bei<br />

Phaidon zwar um e<strong>in</strong>en Nicht-Philosophen im S<strong>in</strong>ne Platons; doch<br />

nicht um e<strong>in</strong>en bloß gewöhnlichen Menschen wie etwa die Frauen,<br />

sondern um jene Elite unter den Nicht-Philosophen, die offen für<br />

Belehrung und H<strong>in</strong>weise s<strong>in</strong>d. In der Tat gehören Phaidon und se<strong>in</strong>e<br />

Freunde ja zum Kreis um Sokrates, s<strong>in</strong>d an Philosophie <strong>in</strong>teressiert und<br />

würden sich selbst als Philosophen im traditionellen S<strong>in</strong>n bezeichnen.<br />

Sokrates hält sie für so qualifiziert, dass er vor ihnen – <strong>and</strong>ers als vor den<br />

Richtern <strong>in</strong> der Apologie – die wahre Begründung se<strong>in</strong>es Verhaltens<br />

vortragen möchte. 42<br />

Wir haben bereits darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass es im Phaidon auch um<br />

die Etablierung e<strong>in</strong>es neuen Begriffes der Philosophie geht, zu dem<br />

wesentlich gehört, dass der Philosoph selbst im Unglück eudaimôn se<strong>in</strong><br />

kann. 43 Dies führt zu e<strong>in</strong>em eher plakativen, der protreptischen Intention<br />

geschuldeten Gegensatz zwischen Philosoph und Nicht-Philosoph.<br />

44 Die literarische Gestaltung des Personals durch Platon zeigt aber<br />

auch, dass Platon an e<strong>in</strong>e größere Differenzierung denkt. Denn Phaidon<br />

illustriert e<strong>in</strong> Verhalten, das ihn noch nicht zu e<strong>in</strong>em Philosophen aus<br />

Platons Sicht qualifiziert, ihn gleichwohl aber aus der Menge der Nicht-<br />

Philosophen heraushebt. Se<strong>in</strong> Verhalten erhält – wie das des anti-tragischen<br />

Protophilosophen Sokrates – durch die Dichterkritik <strong>in</strong> der<br />

Politeia Profil. E<strong>in</strong>e solche Differenzierung konvergiert zudem <strong>in</strong> gewisser<br />

Weise auch mit dem Schicksal der unphilosophischen Seelen, das<br />

42 Zu den zwei Arten der Verteidigung vgl. Szlezák 1985, 238 ff.<br />

43 Zum neuen Philosophiebegriff Platons vgl. Albert 1989; Riedweg, 2002,<br />

120 ff.<br />

44 Vgl. Blößner 2001, 107 ff.

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