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hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true
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Analyse des rechtlichen Rahmens<br />
für hochautomatisiertes Fahren<br />
auf Autobahnen<br />
bereithalten, beispielsweise wenn die vom System gefahrene Geschwindigkeit die vom<br />
Fahrer subjektiv empfundene Geschwindigkeit zur Fahrzeugbeherrschung übersteigt<br />
(Arzt et al. 2012, S. 14). Insofern ist das Kontrollieren des Fahrgeschehens und die<br />
Beherrschung des Fahrzeugs bei der Teilautomatisierung und damit eine Vereinbarkeit<br />
solcher Systeme mit dem Verhaltensrecht gegeben.<br />
Wer sich als Fahrer eines hochautomatisierten Fahrzeugs jedoch vom<br />
Verkehrsgeschehen abwendet und dem System die Fahraufgaben überlässt, kann dem<br />
Erfordernis des Beherrschens des Fahrzeugs nicht nachkommen und verstößt somit<br />
bußgeldbewehrt gegen die StVO, § 49 StVO, denn das unter Kontrolle halten eines<br />
Fahrzeugs erfordert wenigstens die Kenntnis des Standorts, der Fahrtrichtung, der<br />
Geschwindigkeit und der Fahrzeugumgebung. Aus diesem Grund werden<br />
hochautomatisierte Fahrerassistenzsysteme teilweise als unvereinbar mit der geltenden<br />
StVO angesehen (Arzt et al. 2012, S. 56f.).<br />
Diese Ansicht lässt jedoch unbeachtet, dass die Wortlautformulierungen der StVO sich<br />
keineswegs stringent an eine menschliche Person durch Verwendung subjektivierter<br />
Wendungen („Wer ein Fahrzeug führt...“) richtet, sondern vielmehr auch<br />
adressatenneutrale Formulierungen enthalten sind. So ordnet § 5 Abs. 1 StVO schlicht<br />
an „Es ist links zu überholen“ und § 2 Abs. 2 StVO gibt vor „Es ist möglichst weit<br />
rechts zu fahren“. Des Weiteren sind der StVO auch Formulierungen zu entnehmen,<br />
die sich im Wortlaut offensichtlich überhaupt nicht an Menschen richten, sondern die<br />
Fahrzeuge in die Pflicht nehmen. So lautet § 2 Abs. 1 StVO: „Fahrzeuge müssen die<br />
Fahrbahn benutzen, [...]“ und § 3 Abs. 2 StVO: „Ohne triftigen Grund dürfen<br />
Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern“.<br />
Der Wortlautauslegung lässt sich folglich nicht eindeutig entnehmen, ob<br />
hochautomatisierte Fahrzeugsysteme mit denjenigen Normen der StVO vereinbar sind,<br />
die keinen unmittelbaren Bezug zu einem Subjekt haben, weil durch die uneinheitliche<br />
Formulierung auch eine der Automatisierung zuträgliche Auslegung dahingehend<br />
möglich erscheint, dass diese Normen der StVO lediglich die Bewegung eines Fahrzeugs<br />
auf der Straße regeln wollen und nicht auf das Verhalten des Fahrzeugführers<br />
abstellen. Nimmt man jedoch die Begründung 95 zur Straßenverkehrsordnung in den<br />
Blick, so wird deutlich, dass die Regeln der StVO als Gesamtes den Verkehrsteilnehmer<br />
ansprechen: „[...] Erst wenn man dem Verkehrsteilnehmer im Einzelnen sagt, wie er<br />
sich in solchen Verkehrslagen und bei solchen Fahrmanövern zu verhalten hat und<br />
worauf er dabei zu achten hat, entbindet man ihn von gefährlichen „Problemfahren“<br />
[...]“.Daraus ist zu schließen, dass der Verordnungsgeber davon ausgegangen ist, dass<br />
sich die Verkehrsregeln an den menschlichen Verkehrsteilnehmer richten (König 2013c,<br />
Rn. 5) .<br />
Die StVO im Gesamten verlangt daher dem menschlichen Fahrzeugführer ein<br />
bestimmtes Verhalten ab und stellt nicht nur eine abstrakte Normierung der<br />
Fahrtbewegung eines Fahrzeugs dar. Der Fahrzeugführer muss folglich insbesondere<br />
unter dem Gesichtspunkt der Fahrzeugbeherrschung ständig das Verkehrsgeschehen<br />
und dessen Auswirkungen auf die eigene Fahrt im Blick behalten und darf sich einer<br />
Ablenkung gemäß StVO nicht hingeben. Hochautomatisierte Fahrzeuge, bei denen der<br />
Fahrzeugführer die Fahraufgaben zeitweise auf ein System übertragen kann ohne<br />
dieses zu überwachen, sind mit den Regelungen der StVO daher nicht zu vereinbaren.<br />
95<br />
VkBl. 1970, 797; Abgedruckt in: Hentschel/König/Dauer (Hrsg.), Straßenverkehrsrecht Kommentar, StVO-<br />
Begr. Rn. 2.<br />
110 | 358 Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />
HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen