04.01.2016 Views

lassedesignen

hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true

hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

Unterhaltung der Gefahrenquelle zum Entstehen der Gefahr oder des Risikos beiträgt.<br />

Durch die Zulassung und Reglementierung des Straßenverkehrs übernimmt der Staat<br />

seinerseits eine eigene Mitverantwortung für die Schäden, die sich daraus<br />

entwickeln. 108<br />

Im Bereich des konventionellen Straßenverkehrs hat der Gesetzgeber ein<br />

Schutzkonzept dahingehend aufgestellt, dass in der StVO die geltenden Verkehrsregeln<br />

festgelegt werden, deren Kenntnis jeder, der am Straßenverkehr im engeren Sinne<br />

(Kfz-Fahrer) teilnehmen möchte, durch das Bestehen einer theoretischen und<br />

praktischen Fahrprüfung nachweisen muss. Die Einhaltung der Anforderungen an die<br />

technische Betriebssicherheit der Fahrzeuge wird durch das Zulassungsverfahren und<br />

die regelmäßige Überprüfung der Vorschriftsmäßigkeit im Rahmen der<br />

umgangssprachlich auch als „TÜV“ bezeichneten Hauptuntersuchung sichergestellt.<br />

Dieses Schutzkonzept gewährleistet jedoch – die Anzahl der jährlichen Verkehrstoten<br />

vor Augen – nicht annähernd einen absoluten Schutz des Lebens und der körperlichen<br />

Unversehrtheit. Eine absolute Sicherheit ist aber weder erreichbar, noch überhaupt<br />

wünschenswert, weil sie nur zum Preis des Verzichts auf grundrechtliche Freiheiten<br />

erreichbar wäre (Eggstein 1995, S. 166f.). Zu diesem sog. „Restrisiko“ im Rahmen des<br />

Betriebs von Kernkraftwerken hat das BVerfG wie folgt ausgeführt:<br />

„Vom Gesetzgeber im Hinblick auf seine Schutzpflicht eine Regelung zu fordern, die<br />

mit absoluter Sicherheit Grundrechtsgefährdungen ausschließt, die aus der Zulassung<br />

technischer Anlagen und ihrem Betrieb möglicherweise entstehen können, hieße die<br />

Grenzen menschlichen Erkenntnisvermögens zu verkennen und würde weithin jede<br />

staatliche Zulassung der Nutzung von Technik verbannen. Für die Gestaltung der<br />

Sozialordnung muß es insoweit bei Abschätzungen anhand praktischer Vernunft<br />

bewenden. Ungewißheiten jenseits dieser Schwelle praktischer Vernunft sind<br />

unentrinnbar und insofern als sozialadäquate Lasten von allen Bürgern zu tragen“<br />

(BVerfGE 49, 89, Leitsatz 6).<br />

Es ist fraglich, ob die Verwirklichung der Gefahren des Straßenverkehrs als ein solches<br />

Restrisiko angesehen werden können. Hiergegen sprechen deutlich die im Vergleich zur<br />

zivilen Nutzung der Kernkraft häufig (beinahe täglich) auftretenden Schadensfälle. Die<br />

Gefahren des Straßenverkehrs werden dem Bürger regelmäßig vor Augen geführt, sei<br />

es durch das Erleben von Unfällen, gefahrträchtiger Situationen („Beinaheunfälle“)<br />

oder Meldungen in Presse und Fernsehen. Bei den Gefahren des Straßenverkehrs<br />

handelt es sich folglich nicht bloß um Restrisiken, deren Eintrittswahrscheinlichkeit nur<br />

theoretisch abgeschätzt werden kann, sondern um solche Risiken, deren Realisierung -<br />

statistisch gesehen - mit Sicherheit eintreten wird. Nimmt man die Besonderheiten des<br />

Straßenverkehrs in den Blick, erscheint ein derartiger Vergleich mit der Risikoqualität<br />

eines Kernkraftwerks jedoch nicht zielführend.<br />

So ist ein Großteil der deutschen Bürger gemeinsam mit dem Straßenverkehr<br />

aufgewachsen, hat dessen Entwicklung erfahren und sieht ihn als Bereicherung oder<br />

zumindest als notwendiges Übel an. An die Risiken des Straßenverkehrs wird von<br />

Kindesalter an in Initiativen der Verkehrserziehung herangeführt, um insbesondere in<br />

Städten ein sicheres Leben gemeinsam mit dem Straßenverkehr zu ermöglichen.<br />

Aufgrund dieser entwicklungsgeschichtlichen und kulturellen Gegebenheiten, der<br />

weitgehenden Akzeptanz sowie der Allgegenwärtigkeit des Straßenverkehrs ist eine<br />

Gleichstellung der Schutzpflichten vor den Gefahren des Straßenverkehrs mit denen vor<br />

ziviler Kernkraftnutzung mit Beschränkung auf das geringstmögliche Restrisiko nicht<br />

angemessen.<br />

Daher kann hinsichtlich der Gefahren, welche vom Straßenverkehr ausgehen, die<br />

Schutzpflicht des Staates nicht als Gefahrenausschluss verstanden werden, sondern<br />

108<br />

So das BVerfG zu genehmigten Kernkraftwerken (BVerfGE 53, 30, S. 57 f., 65 ff.); und zu genehmigten<br />

Flügen, die schädlichen Lärm verursachen können ( BVerfGE 56, 54, S. 78 ff., 81).<br />

Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />

HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen<br />

135 | 358

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!