lassedesignen
hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true
hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
Analyse des rechtlichen Rahmens<br />
für hochautomatisiertes Fahren<br />
auf Autobahnen<br />
§ 3 StVO 105 : Geschwindigkeit<br />
Nach § 3 Abs. 1 StVO darf nur so schnell gefahren werden, dass das Fahrzeug ständig<br />
beherrscht wird. Bereits auf zulassungsrechtlicher Ebene muss sichergestellt werden,<br />
dass das Fahrzeug nur mit einer solchen Geschwindigkeit fährt, die vom System<br />
beherrscht werden kann. Diese Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-,<br />
Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und<br />
Ladung anzupassen. Gem. § 3 Abs. 2 StVO darf ohne triftigen Grund nicht so langsam<br />
gefahren werden, dass der Verkehrsfluss behindert wird. § 3 Abs. 3 StVO erteilt<br />
Regelungen zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit von PKW auch unter günstigsten<br />
Umständen. Danach beträgt diese innerhalb geschlossener Ortschaften 50 km/h und<br />
außerhalb geschlossener Ortschaften 100 km/h. Für Autobahnen besteht gem. § 18<br />
Abs. 5 StVO für PKW regelmäßig keine Vorgabe zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit,<br />
sofern durch Verkehrszeichen nichts anderes vorgegeben ist.<br />
Die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit ist jedoch nach den oben genannten<br />
objektiven 106 Kriterien zu ermitteln. Insofern ist es die Aufgabe der Hersteller, jede<br />
Fahrsituation technisch so zu antizipieren, dass eine ständige Beherrschung des<br />
Fahrzeugs sichergestellt wird und wenn dies nicht der Fall ist, die Fahraufgabe mit<br />
ausreichend Zeitreserve an den menschlichen Fahrzeugführer übergeben wird.<br />
§ 4 StVO: Abstand<br />
Nach § 4 Abs. 1 S. 1 StVO muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug in<br />
der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es<br />
plötzlich gebremst wird.<br />
Hierbei wird es Herausforderung der Hersteller sein, den nötigen Abstand zum<br />
vorausfahrenden Fahrzeug so zu wählen und permanent zu überprüfen, dass sich der<br />
Fahrer des vorausfahrenden Fahrzeugs durch den gewählten Abstand nicht<br />
verunsichern lässt. Denkbar ist, dass automatisierte Fahrzeuge aufgrund der im<br />
Vergleich zum Menschen minimalisierten Reaktionszeit grundsätzlich einen geringeren<br />
Abstand wählen können und dennoch sicher zum Stehen kommen bevor es zu einer<br />
Kollision kommt. Dieser vergleichsweise geringe Abstand darf nicht zu einer gefühlten<br />
Bedrohung des vorausfahrenden Fahrzeugführers werden, sodass dieser sich zu<br />
verkehrsgefährdenden Fahrmanövern wie beispielsweise eines abrupten Spurwechsels<br />
verleiten lässt. Insbesondere § 4 Abs. 1 S. 2 StVO birgt hohe Hürden. Da nach dieser<br />
Norm das Fahrzeug nicht ohne zwingenden Grund stark abgebremst werden darf, sind<br />
an Bremsassistenzsysteme hohe Anforderungen bezüglich der Bilderkennung bzw.<br />
anderer sensorischer Detektionsverfahren zu stellen. So verstößt ein Fahrer gegen § 4<br />
Abs. 1 S. 2 StVO, wenn er wegen eines Kleintieres, das vor das Fahrzeug läuft oder<br />
fliegt, stark abbremst. Bei größeren Tieren kann ein starkes Bremsen hingegen wegen<br />
der mit der Kollision verbundenen Gefahren - je nach Verkehrssituation - zulässig oder<br />
sogar geboten sein (König 2013d, Rn. 15). Wenn ein automatisiertes Bremssystem an<br />
derartigen Entscheidungen beteiligt wird, muss es also auf eine Sensorik zurückgreifen<br />
können, die zwischen kleinem und großem Tier einerseits und einem Menschen oder<br />
einem festen Hindernis andererseits zuverlässig zu unterscheiden vermag.<br />
Zulassungsrechtlich muss sichergestellt sein, dass das Fahrzeugsystem die<br />
Güterabwägung der Rechtsprechung zu § 4 Abs. 1 S. 2 StVO zumindest rudimentär<br />
nachvollziehen kann. Hochentwickelte technische Detektions- und Analysesysteme<br />
mögen zu einer solchen Abwägung letztlich besser in der Lage sein als ein Mensch, da<br />
sie beispielsweise in Bruchteilen von Sekunden Berechnungen zu Gewicht und<br />
105<br />
Die Regelung des § 3 StVO adressiert grundsätzlich den Fahrzeugführer „Wer ein Fahrzeug führt…“, hier<br />
wird jedoch aus Gründen der Verständlichkeit eine neutrale Adressierung gewählt.<br />
106<br />
Subjektive Kriterien wie die persönlichen Fähigkeiten des Fahrzeugführers sind bei<br />
Fahrzeugautomatisierungssystemen nicht relevant.<br />
126 | 358 Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />
HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen