lassedesignen
hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true
hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
Produkt hinzunehmen, um die mit dem Produkt verbundenen Vorteile zu genießen<br />
(BGH NJW 2009, 2952). Deshalb ist Grundvoraussetzung der Instruktionen und<br />
Warnhinweise, dass der Anwender diese auch zur Kenntnis nehmen kann. Dabei ist<br />
wiederum nicht nur auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch, sondern auch auf nicht<br />
ganz fernliegende versehentliche Fehlanwendung und naheliegenden Missbrauch<br />
abzustellen. Auf Gefahren, die aus vorsätzlichem oder äußerst leichtfertigem<br />
Fehlgebrauch oder gar völlig zweckfremdem Missbrauch resultieren können, muss<br />
hingegen nicht hingewiesen werden (Sprau 2015, Rn. 11 m.w.N.).<br />
Insofern reicht es für die Wahrung der Instruktionspflichten auch nicht aus, nur in<br />
einem zum Fahrzeug beigelegten Handbuch bzw. einer Bedienungsanleitung auf die<br />
Gefahren hinzuweisen, da regelmäßig davon auszugehen ist, dass der Anwender dieses<br />
Handbuch überhaupt nicht oder erst im Problemfall zu Rate zieht. Es ist vielmehr<br />
zudem erforderlich, dass der Hersteller dem Anwender an seinem Arbeitsplatz, also<br />
dem Fahrersitz, entsprechende Warnhinweise gibt. Der Hinweis kann sich darauf<br />
beziehen, dass ein bestimmtes, der Sicherheit dienendes System aktiv ist oder wird. Es<br />
muss sich darauf beziehen, dass ein System an die Grenzen seiner Wirksamkeit gelangt,<br />
also unter bestimmten Fahrbedingungen nicht mehr funktionsfähig ist. Gerade der<br />
Hinweis auf Systemgrenzen - wie immer er auch erfolgt - muss klar und<br />
unverwechselbar sein. Da davon auszugehen ist, dass mit hochautomatisierten<br />
Fahrzeugen auch Anwender umgehen werden, die zum ersten Mal solch ein System<br />
nutzen, sind entsprechend hohe Anforderungen an die Hinweise zu stellen. Dies gilt<br />
insbesondere für Situationen, in denen das System interveniert, da der<br />
systemunerfahrene Anwender mit einem Eingreifen des Systems möglicherweise nicht<br />
rechnet (man denke an Miet- oder Leihwagen). Gegebenenfalls kann eine reine<br />
Anzeige im Display oder am Cockpit nicht ausreichend sein, sondern es müssen<br />
Funktionen bereitgestellt werden, die sicherstellen, dass der Anwender die<br />
Instruktionen und Warnungen zur Kenntnis nehmen muss. Denkbar wäre<br />
beispielsweise die Bestätigung entsprechender Nutzungsbedingungen und –hinweise<br />
vor Benutzung des hochautomatisierten Fahrmodus. Weiterhin denkbar sind haptische<br />
Signale, wie die Vibration des Lenkrads oder akustische Signale wie eine Systemansage,<br />
die auf etwaige Systemgrenzen hinweisen.<br />
Hinsichtlich der angebotenen Nebentätigkeiten muss sichergestellt werden, dass dem<br />
Fahrer unmissverständlich vermittelt wird, dass nur die herstellerseitig verbauten<br />
Angebote wahrgenommen werden dürfen und andere Nebentätigkeiten wie das Lesen<br />
eines Buches oder Arbeiten am Computer nicht gestattet sind. Sichergestellt werden<br />
muss auch, dass sämtliche Nebentätigkeitsangebote im Fall der Steuerrückübernahme<br />
sofort beendet werden und der Blick auf die Straße und das Verkehrsgeschehen wieder<br />
absolut frei ist.<br />
Daraus wird ersichtlich, dass die Konstruktions- und Instruktionspflichten nicht isoliert<br />
zu betrachten sind, sondern sich vielmehr ergänzen. In jedem Fall muss dem Nutzer die<br />
Möglichkeit gegeben werden, das System auszuschalten und das Fahrzeug manuell zu<br />
bewegen, wenn er sich aufgrund seiner Unerfahrenheit den sicheren Umgang mit dem<br />
System nicht zutraut.<br />
Bei der Darbietung des Produkts, also der Art und Weise, wie das Produkt in der<br />
Öffentlichkeit vom Produzenten präsentiert wird, ist strengstens darauf zu achten, dass<br />
sich Werbung und Realität entsprechen. Der Umstand, dass die tatsächliche<br />
Leistungsfähigkeit der werblich dargestellten nicht entspricht, führt dazu, dass ein<br />
Produktfehler vorliegt. Immer wenn eine bestimmte Leistungsfähigkeit dargestellt wird,<br />
wird damit der Erwartungshorizont bestimmt, der den Fehlerbegriff prägt. Entspricht<br />
die tatsächliche Leistung nicht dem Erwartungshorizont, liegt ein Fehler vor.<br />
Ein die Produkthaftung des Herstellers auslösender Fehlgebrauch liegt dann vor, wenn<br />
die Risiken für den Verbraucher nicht ohne weiteres erkennbar sind und Schäden<br />
großen Ausmaßes verursacht werden können. Besondere Sorgfalt ist dann angebracht,<br />
wenn ein Produkt zu einer bestimmten Art der Benutzung verleitet, für die es nach<br />
seiner Konstruktion gar nicht geeignet ist. Soweit hochautomatisierte Systeme den<br />
Fahrer von seiner Verkehrsüberwachungspflicht befreien und ihm<br />
Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />
HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen<br />
347 | 358