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hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true
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Fahrzeugs. So wäre es möglich, dem Fahrer gewisse Zusatzfunktionen des<br />
Infotainment-Angebots (z.B. Mediatheken, Messaging-Funktionen, Internetbrowser)<br />
während der hochautomatisierten Fahrt freizuschalten. Die befragten Experten gehen<br />
davon aus, dass das Fahrzeug dem Fahrer in Zukunft, je nach Verkehrssituation,<br />
verschiedene Nebentätigkeiten über bordeigene Displays „anbieten“ wird<br />
(Experteninterviews: OEM 1, OEM 2, Zulieferer 2, Forschung 1). Mit dieser Integration<br />
in die fahrzeugeigenen Systeme könnte darüber hinaus sichergestellt werden, dass im<br />
Falle einer nahenden Übernahmesituation jegliche Ablenkungsmöglichkeiten durch das<br />
Fahrzeug augenblicklich deaktiviert werden könnten (Ebner 2013). Das System könnte<br />
dem Fahrer dann die Nebentätigkeit aktiv untersagen, indem der Bildschirm statt der<br />
Multimedia-Anwendung die Übernahmeaufforderung zusammen mit einem<br />
akustischen Warnton einblendet (Experteninterview Hersteller 1).<br />
Seitens der Automobilhersteller wird darauf hingewiesen, dass die Beschränkung auf<br />
bordeigene Systeme für die Ausübung von Nebentätigkeiten aus Sicherheitsgründen<br />
erforderlich sei. Die Automobilhersteller könnten hierdurch den Kunden zur<br />
ausschließlichen Nutzung der herstellereigenen Systeme „zwingen“ und somit die<br />
Kontrolle über die Kundenschnittstelle und den zugelassenen Inhalt behalten. Juristisch<br />
gesehen ist der Automobilhersteller jedoch vor allem dazu verpflichtet, dem Fahrer die<br />
„ausreichende Zeitreserve“ zur Übernahme zu gewährleisten (vgl. Kap. 5.1.4.2). Zwar<br />
sollte der Fahrer durch das Fahrzeug nicht zu verantwortungslosem Handeln ermutigt<br />
werden (weshalb beispielsweise in heutigen teilautomatisierten Systemen die Hands-off<br />
Erkennung eingesetzt wird), jedoch könnten statt einer Beschränkung auf bordeigene<br />
Systeme andere Mechanismen (z.B. eine Eyes-on Erkennung in regelmäßigen<br />
Abständen) eingesetzt werden. Ungeachtet dessen, welche konkrete Umsetzung sich<br />
schließlich durchsetzen wird, sind Manipulationen der Systeme nie ganz<br />
auszuschließen, weshalb eine rückwirkende Detektion von Fehlverhalten für die<br />
Hersteller mindestens so wichtig ist wie die konkrete Regelung erlaubter und<br />
verbotener Nebentätigkeiten.<br />
Es ist jedoch möglich, dass eine Beschränkung auf bordeigene Nebentätigkeiten, sofern<br />
sie nicht international gesetzlich vorgeschrieben wird, auch zum Wettbewerbsnachteil<br />
werden könnte. Denn der Zwang, das private Mobiltelefon an das Fahrzeugsystem<br />
anzubinden, könnte eine Akzeptanzhürde für den Kunden darstellen. Demnach<br />
könnten Hersteller, die nicht nur bordeigene Systeme zur Beschäftigung zulassen, einen<br />
Wettbewerbsvorteil erlangen.<br />
4.6.3<br />
Technische Reife und Handlungsbedarf<br />
Die Nutzereinbindung ist ein zentraler Aspekt des Schritts vom teil- zum<br />
hochautomatisierten Fahren, da der Fahrer Nebentätigkeiten nachgehen darf und<br />
dennoch im Regelkreis bleibt. Daher besteht im Bereich der MMS noch weiterer<br />
ergonomischer und technischer Forschungs- und Entwicklungsbedarf.<br />
Die Bedienschnittstellen der MMS wandeln sich nach einer Schalter- und Knopf-<br />
Bedienung stärker in Richtung Touchscreen. Mittlerweile haben „entmaterialisierte“<br />
Sprach- und Gestensteuerung zunehmend an Bedeutung gewonnen (Experteninterview<br />
Branchenexperte 2). In den nächsten Jahren wird die Individualisierung der Mensch-<br />
Maschine-Schnittstelle und der Infotainmentsysteme zunehmen (Winner 2015c,<br />
S.1181). Bei HAF ist die MMS zudem fahrfunktional relevant und daher von<br />
besonderer Bedeutung. Daraus ergeben sich zunehmende<br />
Differenzierungsmöglichkeiten durch die MMS für die Industrie und es ist daher von<br />
vermehrten technischen Innovationen in diesem Bereich auszugehen.<br />
Amerikanische IT- und Technologieunternehmen mit hoher MMS-Kompetenz müssen<br />
hierbei als potenzielle Wettbewerber ernst genommen werden. Doch auch die<br />
deutsche Industrie hat innovative Lösungen für die nächsten Jahre angekündigt.<br />
Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />
HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen<br />
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