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hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true

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Diese Normen beschreiben konkrete Handlungs- bzw. Unterlassungspflichten, welche<br />

an den Fahrer gerichtet sind. Bei nicht übersteuerbaren Systemen kann diesen Pflichten<br />

schon begriffslogisch nicht nachgekommen werden, denn wer nicht übersteuernd<br />

eingreifen kann, kann einer auf die Fahrweise abzielenden polizeilichen Weisung wie<br />

zum Beispiel „Bitte folgen“ nicht nachkommen. Offensichtlich stehen diese Normen<br />

auch im Widerspruch zu jenen Automatisierungssystemen, die Nebentätigkeiten<br />

ermöglichen, denn wer einer Nebentätigkeit nachgeht und damit rechnet, das System<br />

werde ihn mit angemessener Zeitspanne ans Steuer zurückrufen, kann nur schwer den<br />

Zeichen und Weisungen eines den Verkehr regelnden Polizisten unverzüglich folgen.<br />

Noch deutlicher wird die Diskrepanz bei der Vermeidungspflicht aller anderen<br />

Tätigkeiten als dem Führen des Fahrzeugs. Letztlich bedeutet dies nichts anderes als die<br />

Geltung des Beherrschungsgrundsatzes aus Art. 8 Abs. 5 und 13 Abs. 1 WÜ in<br />

negierter Ausführung. Zwar fordern nicht alle authentischen Vertragssprachen diese<br />

Vermeidung von anderen Tätigkeiten in ihrer Absolutheit, sondern stellen zum Teil nur<br />

auf eine Minimierung ab (chinesisch, englisch und russisch), ein grundsätzlicher<br />

Widerspruch bleibt dennoch bestehen (Lutz, L. 2014b, S. 449).<br />

Würde verlangt werden, dass wegen der Bestimmungen der Artt. 6 Abs. 2 und 8 Abs.<br />

6 WÜ jedes Assistenzsystem, das die Fahrweise eine Fahrzeugs beeinflusst,<br />

übersteuerbar ausgestaltet sein muss, hätte Art. 8 Abs. 5bis S. 1 WÜ keinen eigenen<br />

Anwendungsbereich. Es käme auf die Vereinbarkeit mit den ECE-Regelungen niemals<br />

an, da bereits in Art. 8 Abs. 5bis S. 2 WÜ übersteuerbare Assistenzsysteme ausdrücklich<br />

zulässig sind.<br />

Der Änderungsvorschlag, der nur die Vereinbarkeit von<br />

Fahrzeugautomatisierungssystemen mit dem Beherrschungsgrundsatz hinsichtlich der<br />

Artt. 8 Abs. 5 und 13 Abs. 1 WÜ anordnet, jedoch nicht auch die Regelungen aus Artt.<br />

6 Abs. 2 und 8 Abs. 6 WÜ betrifft, ist folglich durch eine systematische<br />

Widersprüchlichkeit gekennzeichnet und lässt die Bedeutung der Änderung dunkel,<br />

bzw. führt zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis i.S.d.<br />

Art. 32 WVK.<br />

Ergänzende Vertragsauslegung<br />

Ergänzend können in solchen Fällen weitere Auslegungsmittel nach Art. 32 WVK<br />

herangezogen werden, um die Bedeutung der Änderung zu bestimmen. Insbesondere<br />

sind das die vorbereitenden Arbeiten und die Umstände des Vertragsschlusses bzw.<br />

dessen Änderung. Hierzu gehören bspw. die Begründungen des Änderungsentwurfs<br />

und die diesbezüglichen Präsentationen des Sekretariats der WP.1, welche vor<br />

Beschlussfassung vorgetragen wurden.<br />

Gemäß der Begründung des Änderungsentwurfs der WP.1 wird<br />

Fahrzeugautomatisierungssystemen ein positiver Einfluss auf die Verkehrssicherheit<br />

zugesprochen. (UNECE 2014a, S. 11, Nr. 2) In diesem Zugewinn an Verkehrssicherheit<br />

liegt u. a. die Motivation der WP.1 für die Änderung des WÜ begründet. Vor der<br />

Beschlussfassung über den Änderungsvorschlag haben sich Experten des Sekretariats<br />

der WP.1 im Rahmen einer Präsentation geäußert. (Lutz, L. 2014b, S. 450) Demzufolge<br />

soll das FTÜ es erlauben, jegliche neuen Technologien wie bspw. „hands off“, „feet<br />

off“ oder jene, die keine Überwachung erfordern in das WÜ einzugliedern.<br />

Ausdrücklich soll keine Beschränkung auf Systeme getroffen werden, die der Fahrer<br />

ständig überwachen muss und von denen er unmittelbar die Kontrolle<br />

zurückübernehmen können muss. (UNECE 2014b, S. 6) Demnach ergibt sich aus der<br />

ergänzenden Auslegung, dass mit dem Änderungsvorschlag eine grundsätzlich<br />

umfassende Reformierung der Anforderungen an den Beherrschungsgrundsatz<br />

eintreten soll. In der Literatur wird dahingehend sogar vertreten, Artt. 8 Abs. 5 und 13<br />

Abs. 1 WÜ stellen Generalklauseln dar, die systematisch über den anderen Vorschriften<br />

des WÜ stehen. (Lutz, L. 2014b, S. 450)<br />

Ein anderes Auslegungsergebnis wäre auch mit der nach Art. 31 Abs. 1 WVK<br />

gebotenen Auslegung nach Treu und Glauben nicht vereinbar. Wenn durch eine<br />

Änderung eine Rechtslage geschaffen werden soll, die nach den ECE-Regelungen<br />

Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />

HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen<br />

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