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hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true
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Produkt nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände,<br />
insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet<br />
werden kann und des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde,<br />
berechtigterweise erwartet werden kann“. Wie sich aus der Formulierung ergibt ist der<br />
Fehlerbegriff des ProdHaftG ein sicherheitsrechtlicher. Im Unterschied zum<br />
gewährleistungsrechtlichen Mängelbegriff soll das ProdHaftG daher nicht solche Fehler<br />
erfassen, die sich aus der fehlenden Kohärenz zwischen Leistung und Gegenleistung<br />
ergeben (Nutzungs- bzw. Äquivalenzinteresse), sondern solche Produktfehler zum<br />
Gegenstand haben, die Auswirkungen auf die Sicherheit für Leben, Gesundheit und<br />
Sachwerte haben können (Integritätsinteresse) (Sprau 2015a, Rn. 1). Entscheidend ist<br />
hier der Erwartungshorizont der durch die fehlende Produktsicherheit betroffenen<br />
Allgemeinheit, und somit die Frage, was ein durchschnittlicher Benutzer oder Dritter<br />
objektiv erwarten darf.<br />
Das Produkt, für dessen Fehler einzustehen ist, muss gem. § 2 ProdHaftG eine<br />
bewegliche Sache sein, auch wenn sie ein Teil einer anderen beweglichen Sache oder<br />
einer unbeweglichen Sache bildet. Fraglich ist hier, ob darunter auch die für<br />
automatisierte Fahrzeuge nötige Software fällt. Bei Datenträgern, auf denen<br />
Computerprogramme gespeichert sind, handelt es sich um Verkörperungen der<br />
geistigen Leistung und damit um Sachen (BGH NJW-PR 1986, 219). Ob darüber hinaus<br />
die geistige Leistung, die in das Computerprogramm eingeflossen ist, selbst Produkt<br />
i.S.d. ProdHaftG ist, ist umstritten. Jedenfalls soll aber Standardsoftware darunter fallen<br />
(Sprau 2015a, Rn. 1 m.w.N.). Unter Standardsoftware ist solche Software zu verstehen,<br />
die als vorgefertigtes Produkt erworben werden kann und nicht individuell auf einen<br />
Kunden zugeschnitten ist (Einzelstück, Maßanfertigung). Dies ist bei Software zur<br />
Steuerung von Fahrzeugautomatisierungssystemen der Fall, da die Software regelmäßig<br />
im vorgefertigten Paket mit dem Fahrzeug angeboten wird und individuelle<br />
Kundenwünsche nicht berücksichtigt werden. Software, die im Kfz zur Steuerung von<br />
Fahrzeugautomatisierung gespeichert ist, ist daher als Produkt i.S.d. ProdHaftG<br />
anzusehen.<br />
Ausdrücklich kein Fehler haftet einem Produkt nur deshalb an, weil später ein<br />
verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde, § 3 Abs. 2 ProdHaftG.<br />
Fehlerarten<br />
Es werden im Rahmen der Produkthaftung grundsätzlich drei Fehlerarten<br />
unterschieden: Konstruktionsfehler, Fabrikationsfehler und Instruktionsfehler.<br />
Ein Konstruktionsfehler liegt immer dann vor, wenn das Produkt infolge fehlerhafter<br />
technischer Konzeption oder Planung für eine gefahrlose Benutzung ungeeignet ist<br />
(Sprau 2015a, Rn. 8). Wesensmerkmal ist, dass aufgrund des Fehlers in der Planungsbzw.<br />
Konzeptionsphase, die ganze Serie vom Konstruktionsfehler betroffen ist. Der<br />
Hersteller hat demnach sicherzustellen, dass das Produkt den gebotenen<br />
Sicherheitsstandard einhält und im Rahmen der Konzeption diejenigen Maßnahmen zu<br />
ergreifen, die zur Vermeidung einer konkreten Gefahr nach objektiven Maßstäben<br />
erforderlich und zumutbar sind (BGH NJW 2009, 2952). Der Maßstab für diese<br />
erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen richtet sich nach dem, was zum Zeitpunkt des<br />
Inverkehrbringens (s.u.) konstruktiv möglich ist. Mit dem Hinweis auf die konstruktive<br />
Möglichkeit ist dabei gemeint, dass das Produkt nach gesichertem Wissen praktisch<br />
einsatzfähig (=serienreif) ist und aufgrund seines (hohen) Entwicklungsstadiums<br />
geeignet und genügend erscheint, um Schäden zu verhindern (BGH NJW 2009, 2952).<br />
Dabei liegt dieser Maßstab besonders hoch, wenn (fehlerhafte) Produkte zu Gefahren<br />
für Leib und Leben führen können, wie dies bei hochautomatisierten Fahrzeugen<br />
regelmäßig der Fall ist.<br />
Für die Frage der Zumutbarkeit der Sicherungsmaßnahme müssen sämtliche Umstände<br />
des Einzelfalls betrachtet werden, insbesondere die Intensität der von der Konstruktion<br />
ausgehenden Gefahren und welche Rechtsgüter diesen Gefahren ausgesetzt sein<br />
können. Neben dieser Betrachtung des potentiell geschädigten Rechtsguts ist auch die<br />
wirtschaftliche Auswirkung denkbarer Sicherungsmaßnahmen in den Blick zu nehmen,<br />
Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />
HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen<br />
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