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Verhältnis zur Produkthaftung<br />

Soweit ein Verschulden des Herstellers im Raum steht, ist dabei das nach § 276 Abs. 2<br />

BGB Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gemeint. Dabei hat der<br />

BGH in einem aufsehenerregenden Urteil Ende der 1960er Jahre entschieden, dass<br />

hinsichtlich des Verschuldens die Beweislast zu Lasten des Herstellers umgekehrt wird<br />

(BGHZ 51, 91ff.). Hintergrund dieser Beweislastumkehr ist der Umstand, dass der<br />

Geschädigte, wenn er das Verschulden des Produzenten beweisen will, den objektiven<br />

Geschehensablauf der Produktion in seinen Einzelheiten aufklären muss. Hier befindet<br />

sich der Geschädigte in einer gewissen „Beweisnot“, da er regelmäßig keinen Einblick<br />

in die Produktionsabläufe des Herstellers hat. Dieser hingegen überblickt die<br />

Produktionssphäre, bestimmt und organisiert die Herstellungsprozesse und die<br />

Auslieferungskontrolle des fertigen Produkts. Insofern sei der Hersteller „näher daran“,<br />

den Sachverhalt aufzuklären und die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen.<br />

Somit handelt es sich bei der Produzentenhaftung um eine Haftung für vermutetes<br />

Verschulden, der Hersteller muss sich aktiv entlasten um einer Haftung zu umgehen. Im<br />

Gegensatz dazu ist bei der Haftung nach dem ProdHaftG eine Gefährdungshaftung<br />

ohne Entlastungsbeweis gegeben. An Bedeutung gewinnt die Produzentenhaftung<br />

beispielsweise bei fehlendem Anwendungsbereich des ProdHaftG weil die beschädigte<br />

Sache nicht für den Privatgebrauch bestimmt ist oder Schäden die<br />

Haftungshöchstgrenze des ProdHaftG von 85 Mio. Euro übersteigen. Kann der<br />

Hersteller nachweisen, dass ihn ein Verschulden nicht trifft, verspricht eine Klage nach<br />

dem ProdHaftG für den Endabnehmer mehr Erfolg, denn eine Möglichkeit zur<br />

Entlastung ist hier nicht gegeben.<br />

Zwischenergebnis Haftungsrecht<br />

Wie dargestellt nimmt die scharfe Form der Halterhaftung den Halter grundsätzlich in<br />

die Haftung aufgrund der Tatsache, dass er ein Kraftfahrzeug betreibt. Da sich auch<br />

hochautomatisierte Fahrzeuge verkehrsbeeinflussend im Verkehrsbereich bewegen,<br />

sind auch solche von der Halterhaftung umfasst.<br />

Der Fahrer eines Fahrzeugs haftet grundsätzlich nur verschuldensabhängig, also wenn<br />

ihm ein Verkehrsverstoß angelastet werden kann, wobei sein Verschulden hier<br />

vermutet wird und er insoweit in der Pflicht ist, sich zu entlasten. Während<br />

hochautomatisierten Fahrphasen kommt eine Haftung des Fahrers regelmäßig nur<br />

dann in Betracht, wenn er schuldhaft übersteuert und es hierdurch zu einer<br />

Rechtsgutsverletzung kommt.<br />

Ist der Fahrer von der Verkehrsbeobachtungspflicht befreit, weil die Fahrt in einer<br />

hochautomatisierten Phase stattfindet, kann ihm bei einem Verkehrsverstoß mit<br />

anschließendem Unfallschaden in der Regel kein Vorwurf gemacht werden,<br />

vorausgesetzt er hat das System instruktionsgemäß aktiviert und eine Übersteuerung<br />

während dieser Phase ist unterblieben. Hat der Fahrer das System übersteuert und so<br />

wieder das Verkehrsgeschehen in die Hand genommen und ist es hierdurch schuldhaft<br />

zu einer Rechtsgutverletzung gekommen, kann ihm ein haftungsrechtlicher Vorwurf<br />

gemacht werden. Ausnahmsweise kommt eine Haftung des Fahrers in Betracht, wenn<br />

er besondere Umstände ignoriert, welche ihn an der Funktionsfähigkeit des Systems<br />

zweifeln lassen müssen und es hierdurch zu einer Rechtsgutsverletzung kommt.<br />

Denklogisch müssen dann jedoch grundsätzlich alle Rechtsgutverletzungen, die<br />

während einer hochautomatisierten Phase entstehen – und für die ein Dritter nicht<br />

alleinverantwortlich ist - kausal auf einem Produktfehler beruhen, wenn der Fahrer<br />

nicht übersteuernd eingegriffen hat. Denn der Hersteller hat konstruktiv sicherzustellen,<br />

dass sein Produkt den sicherheitsrechtlichen Erwartungen (einer unfallfreien Fahrt)<br />

gerecht wird und den Endabnehmer ausreichend über die Systemfunktionen und deren<br />

Grenzen zu informieren sowie über Risiken aufzuklären. Wird er diesen Erwartungen<br />

nicht gerecht, liegt regelmäßig ein Produktfehler vor. Der Hersteller hätte die<br />

Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />

HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen<br />

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